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Entwicklung von Bewertungssystemen für Bodenressourcen in Ballungsräumen

Bild der Titelseite der Publikation: Entwicklung von Bewertungssystemen für Bodenressourcen in Ballungsräumen

Stahr, Karl

2003

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein umfassendes Instrumentarium zur Erfassung und Bewertung der Leistungsfähigkeit von Böden im Stadtökosystem zu entwickeln sowie noch vorhandene Wissensdefizite über Stadtböden durch bodenkundliche Untersuchungen zu verringern. Als Untersuchungsgebiet wurde ein Transekt von Bad Cannstatt bis Steinenbronn ausgewählt. Da die Flächennutzung einen wesentlichen Einfluss auf die Prägung der Böden hat, wurden für den Stuttgarter Raum insgesamt 17 Nutzungstypen ausgewiesen, die hinsichtlich ihrer Eigenschaften eine ähnliche nutzungsbedingte Prägung aufweisen. Im Projektverlauf wurden 11 Nutzungstypen (Wald, Acker, Weinberg, Kleingarten, Park-/Grünfläche, Einzelhaus, Blockbebauung, Dorfkern, Straßen-, Bahnfläche und Militärkaserne) beprobt und physikalisch, chemische sowie auf Schwermetalle analysiert. An 5 Standorten wurden Untersuchungen zum Wasserhaushalt durchgeführt. Im Untersuchungsgebiet dominieren Aufschüttungsböden aus natürlichen umgelagerten Substraten und Böden aus Mischungen von natürlichen und technogenen Substraten. Böden aus überwiegend technogenen Substraten waren nur bei den Nutzungen Bahnfläche, Park-/Grünfläche und kleinflächig in einer Kleingartenanlage zu finden. Als technogenes Substrat überwiegt im Stuttgarter Raum, abgesehen von Industrie- und Gewerbestandorten, Siedlungsmüll. In unterschiedlicher Menge und Zusammensetzung fanden sich Ziegel, Bauschuttreste, Aschen, Kohle, Glas-, Porzellanscherben, Plastik, Metall. Mit zunehmender Intensität der anthropogenen Überprägung verändert sich die Bodentextur und in der Regel nehmen auch die Skelettgehalte zu mit entsprechenden Veränderungen der physikalischen Parameter. Die Böden der Nutzungstypen Einzelhaus sind schwach, der Blockbebauung mittel skeletthaltig mit bis zu 50% technogenen Substraten. Böden der Verkehrsflächen und der frisch sanierten Militärkaserne sind stark bis sehr stark skeletthaltig. Die Lagerungsdichten liegen in der Regel m geringen bis mittleren Bereich, höhere Lagerungsdichten wurden nur vereinzelt in tonigen Unterböden gefunden. Bei der gesättigten Wasserleitfähigkeit wurden überwiegend extrem hohe Werte gemessen, die über den üblichen Bewertungsrahmen hinausgehen. Die größte Streuung von gering bis extrem hoch zeigen Böden der Nutzungstypen Acker und Blockbebauung. Die meisten Standorte weisen eine Luftkapazität im mittleren bis hohen Bereich auf, die nutzbare Feldkapazität liegt überwiegend im geringern Bereich, die Feldkapazität ist mittel. Insgesamt weist der überwiegend Teil der anthropogen veränderten Böden ein hohes bis extrem hohes Versickerungspotential auf bei guter Durchlüftung und geringer pflanzenverfügbarer Wasserkapazität. Der Wasserhaushalt der fünf untersuchten Standrote zeigt eine ausgesprochen jahreszeitliche Dynamik mit sommerlicher Austrocknung und winterlicher Aufsättigung. Unterschiede in den aktuellen Wassergehalten ergaben sich vor allem durch die unterschiedliche Schichtung und Substratzusammensetzung. Durch den Eintrag von carbonathaltigen technogenen Substraten und Durchmischung des überwiegend kalkhaltigen natürlichen Ausgangsmaterials sind alle Böden carbonatreich mit pH-Werten im schwach sauren bis schwach alkalischen Bereich in den Oberböden und schwach alkalischen Reaktionsbereich in den Unterböden. Der Humusgehalt ist zum großen Teil als schwach bis mittel humos zu bewerten. Stark humose Oberböden wurden nur bei den Nutzungstypen Park-/Grünfläche, Kleingarten und Einzelhaus vorgefunden. Durch die mittleren bis hohen Stickstoffgesamtgehalte und günstigen Mineralisierungsbedingungen sind die meisten Böden gut mit Stickstoff aber auch mit anderen Nährstoffen gut versorgt. Die verfügbaren Phosphor- und Kaliumgehalte liegen in der Regel im mittleren bis hohen Bereich , beim Kalium auch teilweise (Acker, Weinberg, Einzelhaus) im sehr hohen Bereich. Nährstoffarme Böden finden sich nur bei den Nutzungstypen Straße, Bahn und Militärkaserne sowie Wald. Diese Standorte weisen auch relativ niedrige Kationenaustauschkapazitäten auf Die Schwermetallgehalte bewegen sich bei den meisten Nutzungstypen auf einem mittleren bis erhöhten Niveau. Die Nutzungstypen Wald und Militärkaserne sind die am geringsten belasteten Standorte. Schwermetallgehalte im hohen Bereich wurden nur an der Park-/Grünflächen, Kleingarten, Blockbebauung und Bahnflächen. Bevorzugt angereichert werden die Schwermetalle Pb>Zn>Cu>Cd>Ni,Cr,Hg. Im Gegensatz zu den Gesamtgehalten weist der versauerte Waldstandort die höchsten mobilen Gehalte auf. Ca 35% des Cadmiums und 12% des Bleis sind mobil. Während hoch mit Schwermetallen belastete Böden aufgrund der hohen pH-Werte nur geringe Verfügbarkeiten aufweisen. Aufgrund der besonderen Bedeutung die die Ableitung von Kennwerten des Wasser- und Nährstoffhaushalts in der bodenkundlichen Arbeit spielt wurden mit dem vorhandenen Datenmaterial Vergleiche zwischen Mess- und Schätzwerten nach der Bodenkundlichen Kartieranleitung und Regressionsberechnungen für physikalischen Parameter durchgeführt, um zu prüfen inwieweit diese Schätzrahmen auf für anthropogene Böden realistische Werte zeigen. Die Schätzung des Humusgehaltes und der potentiellen Kationenaustauschkapazität nach der Bodenkundlichen Kartieranleitung liefert in ca. 80% der Fälle halbwegs gute bzw. noch tolerierbare Werte. Gröbere Fehleinschätzungen sind besonders bei Böden mit höheren Gehalten an technogenen Substraten zu erwarten. Hier ist nicht nur die natürliche Bodenart, sondern auch das natürliche Farbspektrum (Kohle, rote Ziegel, Mörtel) verändert. Kritisch ist die Tendenz zur Überschätzung der Kationenaustauschkapazität zu betrachten. Die Schätzung der Luftkapazität nach der Bodenkundlichen Kartieranleitung zeigte von allen Parametern die höchste Übereinstimmung. Bei der Herleitung der Feldkapazität empfiehlt es sich die Regressionsberechnungen anzuwenden, die wesentliche bessere Ergebnisse liefert als die Schätzmethode nach KA 4. Die Ableitung der kf-Werte ist problematisch. Entsprechend den gemessenen extrem hohen kf-Werten und großen Streubreiten sind die Übereinstimmungen zwischen Mess- und Schätzwerten nicht besondern hoch. Gegenüber den Schätzwerten die in 35% der Fälle Übereinstimmung mit den Messwerten zeigen, liegt die Übereinstimmung bei den Regressionsberechungen bei 57%.

Mit dem Bewertungsverfahren sollte die ökologische Leistungsfähigkeit aber auch die Eignung für typische urbane Nutzungen ermittelt werden. Das Bewertungsverfahren setzt sich dementsprechend aus 4 Teilen zusammen: Bewertung der ökologischen Bodenpotentiale, Bewertung der nutzungsbezogenen Bodenpotentiale, Bewertung von Szenarios/Auswirkungen von Nutzungsänderungen und Gesamtbewertung aller ökologischen Bodenpotentiale (hohe Bedeutung des Schutzgutes Boden). Das vorliegende Bewertungsverfahren ermittelt über einen dimensionslosen Index die ökologische Leistungsfähigkeit bzw. die Nutzungseignung. Der Vorteil bei der Bewertung mittels eines Indexes ist, dass die Leistungsfähigkeit innerhalb eines beliebig abgrenzbaren Raumes darstellbar ist. Die Bewertungsstufen werden in einem Betrachtungsraum dem vorkommenden Bodeninventar angepasst, indem die leistungsstärksten und die leistungsschwächsten Böden die Ränder bilden an denen alle anderen Böden gemessen werden.

Die Bewertung erfolgt anhand von Algorithmen, in die für die jeweilige Nutzung bzw. das jeweilige ökologische Potential spezifische Parameter eingehen. Diese Parameter bilden die Eignung einer Fläche hinsichtlich einer Nutzung und Belastbarkeit des jeweiligen Potentials am besten ab. Durch die Anwendung der Bewertungsalgorithmen werden die angewandten Parameter gewichtet und addiert. Es wurden für die natürlichen Funktionen Standort für Kulturpflanzen, Filter und Puffer für Schwermetalle, Ausgleichskörper im Wasserkreislauf, Archiv der Naturgeschichte und Lebensraum für Mikroorganismen Bewertungsalgorithmen erarbeitet. Nutzungsbezogene Algorithmen für die Eignung der Böden zur Wohnbebauung, Gewerbe- und Industrienutzungen und Kinderspielfläche. Die Bewertungsergebnisse werden z. T. beispielhaft nach den verschiedenen Bewertungsverfahren kartographisch dargestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass das hier entwickelte Verfahren wesentlich differenzierter Aussagen ermöglicht.