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Bioelektrische Produktion von hochreinem Biogas aus Abfallstoffen
Lemmer, Andreas; Kerzenmacher, S.; Gescher, J.
2019
Projektbericht - Forschungsberichtsblatt
Beschreibung
Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung eines vollkommen neuen Verfahrens zur Erzeugung von gasförmigen Kraftstoffen aus organischen Abfallstoffen. Dazu wurden erstmals fermentative Verfahren und bio-elektrische Systeme zu einem neuen Prozess kombiniert. In diesem Prozess werden die Abfallstoffe zunächst in einem „dark fermentation reactor“ fermentativ in organische Säuren umgewandelt und anschließend einer bio-elektrochemischen Konversion, bestehend aus einer Anoden- und einer Kathodenkammer zugeführt werden. An der Anode werden die gelösten organischen Säuren durch exoelektrogene Bakterien zu CO2, H+ und e- oxidiert. Während die Protonen durch eine PEM (proton exchange membrane) der Kathode zugeführt werden, geben die Bakterien die freiwerdenden Elektronen an die Anode ab, so dass diese über eine elektrische Verbindung an die Kathode weitergeleitet werden. Das gebildete CO2 wird ergänzend bedarfsgereicht der Kathode zugeführt.
Die durchgeführten Untersuchungen zum fermentativen Aufschluss der Abfallstoffe belegen, dass die gewählten Substrate sehr gut in organische Säuren überführt werden können. Jedoch reichte das in den Fermenter integrierte Sieb nicht aus, um die inerten Partikel abzuscheiden. Daher wurden ergänzend Untersuchungen mit einer Keramikmembrananlage zur Aufreinigung des Perkolates durchgeführt. Diese Untersuchungen belegen, dass die 0,2 µm Membran im Cross-Flow-Betrieb gut geeignet ist, die organischen Säuren von den inerten Partikeln zu trennen.
In verschiedenen Langzeitexperimenten mit bioelektrochemischen Systemen, die mit Perkolat als Substrat betrieben wurden, konnte gezeigt werden, dass die bereits im Perkolat bestehende Community an Organismen in der Lage ist, die enthaltenen organischen Säuren an der Anode komplett zu oxidieren. Zur Analyse des aktiven Biofilms wurden eine 16S-Sequenzierung sowie eine Metatranskriptomsequenzierung durchgeführt. Genomische DNA und RNA wurde hierfür aus Biofilm vom Elektrodenmaterial der bioelektrochemischen Reaktoren gewonnen. Die Schlüsselfamilie ist hier Methanocorpusculaceae (88,9 %), die Methan aus H2 und CO2 oder Formiat herstellen. Die Auswertung der 16S-Analyse für bakterielle Familien zeigte eine typische Zusammensetzung anaerober Fermenter, wie zum Beispiel Anaerolineaceae, die auch in dieser Studie mit über 20 % die am stärksten vertretene Familie darstellt. Bei der Auswertung der Metatranskriptomanalyse wurden Read-Sequenzen Enzymklassen zugeordnet, denen eine Bedeutung im Bioelektrochemischen System zugeschrieben wurde. Zusammenfassend ergibt sich das Modell, dass die Familie Syntrophomonadaceae hauptsächlich Butyrat zu Acetat abbaut. Das entstehende Acetat wird zum Hauptteil durch die Familie Methanosarcinaceae zu Methan umgesetzt und könnte daneben von Mitgliedern der Geobacteraceae für die Stromproduktion genutzt werden. Da sich damit zeigt, dass ein Hauptteil des Abbaus im Anodenraum durch Methanogenese geschieht, wurde in einem weiteren Experiment der Inhibitor 2-Bromoethanesulfonat zugegeben, der spezifisch die Methanogenese hemmt. Nach Zugabe des Inhibitors konnte die Coulombsche Effizienz um das 4- bis 4,5-Fache gesteigert werden, verglichen mit dem Zeitraum vor Zugabe des Inhibitors. Gleichzeitig sank der Abbaugrad der organischen Säuren ab.
Aufbauend auf den Ergebnissen konnte ein vollkommen neuartige Flat-Panel Reaktoren zur bio-elektrochemischen Konversion von organischen Säuren zu Methan entworfen, konstruiert, gebaut und getestet werden. Die Labor-Versuchsanlage, bestehend aus drei kontinuierlich betriebenen Flat-Panel-Reaktoren wurde in das Gesamtsystem des fermentativen Biomasseaufschlusses und der subsequenten Abtrennung der organischen Säuren über Keramikmembranen integriert. Die Reaktoren bestehen jeweils aus einer Anoden- und Kathodenkammer mit einem Volumen von jeweils ca. 1,6 L, die über ein „Membrane-Elektrode-Assembly“ in ca. DIN A4 Größe voneinander getrennt sind. Die Redoxpotential-Kontrolle der Anode erfolgt, wie in den vorhergehenden BATCH-Versuchen, über Potentiostaten. Auch in diesen kontinuierlich arbeitenden Reaktoren zeigte sich, dass planktonische methanogene Mikroorganismen in der Anodenkammer einen Großteil der organischen Säuren abbauen, was zu niedrigen Coulombschen Effizienzen führt. Im Gegensatz zu den Labor-Batch Ansätzen ist im kontinuierlichen Betrieb eine fortwährende Zugabe von 2-Bromoethanesulfonat zur Inhibierung methanogener Mikroorganismen nicht möglich. Hierzu müssen in Folgeprojekten verfahrenstechnische Lösungen erarbeitet werden.