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Spezies der Kfz-emittierten Platingruppenelemente (PGE) und ihre toxische Wirkung

Bild der Titelseite der Publikation: Spezies der Kfz-emittierten Platingruppenelemente (PGE) und ihre toxische Wirkung

Stüben, Doris; Eckhardt, Jörg-Detlef; Berner, Z.; Zeller, A.; Hartwig, Andrea

2004

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Seit Mitte der 80er Jahre werden die Edelmetalle Rh, Pd und Pt in Autoabgaskatalysatoren zur Verminderung des Schadstoffgasausstoßes eingesetzt. Der Einsatz der Platingruppenelemente (PGE) hat zu einem drastischen Anstieg der Konzentrationen dieser Elemente in der Umwelt, besonders im städtischen Staub und entlang stark befahrener Straßen, geführt. Dabei werden die PGE während des Fahrbetriebes als Partikel mit einer Korngröße vorwiegend ≤ 10 µm emittiert.

In den letzten 10 Jahren wurden vor allem Daten über die Verteilung dieser Elemente in verschiedenen Umweltkompartimenten veröffentlicht, über ihre chemischen und mineralogischen Bindungsformen, ihre Mobilität und den Einfluss auf die menschliche Gesundheit ist aber wenig bekannt. Dies liegt vor allem an den insgesamt niedrigen Konzentrationen und der heterogenen Verteilung der PGE-haltigen Partikel in Umwelt- und biologischen Proben. Die Aufnahme dieser Kfz-emittierten Partikel in Lungenzellen, Folgereaktionen und das toxische Potential der Platingruppenelemente hängen stark von der Form bzw. Spezies ab, in der sie in den Partikeln vorliegen. Diese offenen Fragen wurden im gemeinsamen Forschungsansatz durch die Kombination unserer Erfahrung in der Mikroanalytik mit der Kompetenz des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie in der Toxikologie auf zellulärer Ebene untersucht.

Ziel der toxikologischen Untersuchungen im Rahmen dieses Projektes war die Abklärung eines möglichen genotoxischen Potentials von Platin- und Palladiumverbindungen in A549 menschlichen Lungenzellen.

Für das IMG ergaben sich in diesem Projekt zwei wichtige Schwerpunkte: 1. die Entwicklung und Durchführung einer zuverlässigen Analytik der PGE-Gehalte in Proben aus den toxikologischen Versuchen; 2. die Charakterisierung PGE-haltiger Partikel und die Untersuchung der Speziation der PGE in straßennah gesammelten Materialien.

Die hoch auflösende ICP-MS hat sich für die Messung von Pt und Pd in DNA-Addukten und intrazellulären Proteinen als zuverlässig und effizient herausgestellt. Das analytische Vorgehen wurde mit qualitätssichernden Maßnahmen abgesichert. Die Ergebnisse zu den toxikologischen Untersuchungen werden im Berichtsteil B des Gemeinschaftsprojekts vorgestellt.

Zur Untersuchung der Partikel wurde eine Beprobungsstrategie konzipiert, die Kfz-emittierte PGE-Partikel in Abhängigkeit ihrer Korngröße direkt an einem Motorversuchsstand gewinnt. Weiterhin wurde eine Probennahme in den für Menschen relevanten Expositionshöhen (0 bis 2,5 m) an einer stark befahrenen Straße durchgeführt. Zusätzlich wurden verschiedene Straßenstäube gesammelt und in mehrere Korngrößenklassen klassifiziert.

Um die PGE-haltigen Partikel zu charakterisieren (Form, mineralogische und chemische Zusammensetzung) und die Speziation der PGE in Staub, Abgas, Atmosphäre und Straßenabfluss zu bestimmen, wurden verschiedene analytische Methoden (HR-ICP-MS (High-resolution inductively coupled plasma mass spectrometer) ± Kopplung mit SEC (Größenauschlusschromatographie) ± Kopplung mit Laser-ablation, µ-Synchrotron-EDX (Energiedispersive Röntgenfluoreszenz-Analyse mit Anregung durch Synchrotronquelle), ESEM („Environmental Scanning" Elektronenstrahl-Mikrosonde), XPS (Röntgen-Photoelektronenspetroskopie), XRD (Röntgendiffraktometrie)) angewendet. Trotz der hohen räumlichen Auflösung und der Empfindlichkeit dieser Methoden, war es bisher, vermutlich aufgrund der heterogenen Verteilung und der geringen Größe, nicht möglich, PGE-haltige Partikel in Staubproben zu erfassen und hinreichend zu charakterisieren.

Nach Bestimmung der Gesamtkonzentrationen im Straßenstaub zeigte sich, dass mit abnehmender Partikelkorngröße (0,63 – 0,063 mm) die PGE-Konzentration zunimmt. Dies unterstreicht die potentielle, toxische Wirkung lungengängiger, Kfz-emittierter PGE-Partikel. Es wurde gezeigt, dass die Löslichkeit elementar vorliegender PGE (Katalysatormaterial) stark durch die Anwesenheit von Komplexbildnern, hier natürlich vorkommende Huminstoffe, erhöht wird.

Die indirekten Methoden der sequentiellen Extraktion und Säulenversuche wurden an dem ausgewählten Probenmaterial erfolgreich abgeschlossen. Die Extraktionsversuche wurden an Tunnelstaub und Gullysediment durchgeführt. Hierfür wurde ein zuverlässiges Aufschlussverfahren für kleine Mengen dieses spezifischen Materials entwickelt. Die sequentielle Extraktion hat gezeigt, dass ein hoher Anteil (bis zu 40%) des emittierten Pt in mobiler oder leicht verfügbarer Form vorliegt. Das restliche Pt ist als immobil zu bezeichnen. Die Säulenversuche dienten dazu, bisher nicht vorliegende Daten über das Adsorptionsverhalten der PGE an typischen Bodenphasen festzulegen. Sie wurden in der Projektlaufzeit an zwei repräsentativen Materialien (Mn-/Fe-Oxide, Quarz) durchgeführt und haben gezeigt, dass das Adsorptionsverhalten der PGE in diesen Materialien analog zu anderen Schwermetallen ist, diese Edelmetalle also bezüglich ihrer Mobilität in gelöster Form nicht anders einordnen sind. Diese Ergebnisse wurden auch durch parallel durchgeführte Adsorptionsversuche bestätigt.

Teil B des Vorhabens beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit Platin- und Palladiumverbindungen in Lungenzellen in Kultur bioverfügbar sind und möglicherweise ein genotoxisches Potential aufweisen. Dabei konnte anhand der Bindung von Palladium und Platin zunächst gezeigt werden, dass nach Inkubation mit partikulären Verbindungen Assoziationen an Cytoplasma- und Kernproteine zu beobachten sind, wobei eine zeitabhängige Anreicherung im Zellkern stattfand. Darüber hinaus wurden nach Inkubation intakter Zellen mit unterschiedlichen partikulären Platin- und Palladiumverbindungen dosis- und zeitabhängige Pt- bzw. Pd-DNA-Addukte nachgewiesen; höchste Adduktzahlen bezogen auf den Platingehalt wurden nach Inkubation mit Al2O3-Pt-Partikeln beobachtet, die weitgehend den von Katalysatoren emittierten Partikeln ähneln. Ein erheblicher Anteil der entstandenen Addukte zeigte eine ähnliche chemische Stabilität wie durch das Chemotherapeutikum Cisplatin induzierte Addukte. Die von uns bislang durchgeführten Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf ein mutagenes oder Mikrokern-induzierendes Potential der Partikel; allerdings kann eine Unempfindlichkeit der verwendeten Testsysteme gegenüber partikulären Verbindungen nicht ausgeschlossen werden. Zusammenfassend demonstrieren die Ergebnisse dieses Vorhabens eine zelluläre Bioverfügbarkeit der partikulären Platingruppenelemente, so dass nicht von einem „inerten" Verhalten gegenüber biologischen Systemen ausgegangen werden kann.