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Analyse der Landschaftszerschneidung in Baden-Württemberg hinsichtlich belastungsempfindlicher Räume - Berichtsteil I-Text

Bild der Titelseite der Publikation: Analyse der Landschaftszerschneidung in Baden-Württemberg hinsichtlich belastungsempfindlicher Räume - Berichtsteil I-Text

Esswein, H.; Schwarz-v. Raumer, Hans-Georg; Kaule, Giselher

2002

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Seit mehr als zwei Jahrzehnten häufen sich die wissenschaftlichen Belege dafür, dass Straßen und Schienen für viele Tiere als Ausbreitungsbarrieren wirken. Der fortschreitende Siedlungszuwachs – bei gleichzeitiger Intensivierung der Landwirtschaft – engt die verbleibenden Freiräume für die Tier- und Pflanzenwelt weiter ein. Damit ist ein Zurückdrängen vieler wild lebender Arten, insbesondere von Arten mit großen Raumansprüchen, und somit ein Verlust an Biodiversität vorprogrammiert. Der Grad der Landschaftszerschneidung ist daher ein wichtiger Indikator für die Bedrohung der Artenvielfalt. Da Tierpopulationen mit großen Zeitverzögerungen auf die Verkleinerung und Zerteilung ihrer Lebensräume reagieren, kann es für stabilisierende Maßnahmen oftmals schon zu spät sein, wenn ein Rückgang der Populationen dokumentiert wird. Außerdem ist für die meisten Tierarten nicht bekannt, welche minimale Lebensraumgröße sie noch verkraften können, ohne dass ihr dauerhaftes Überleben aufs Spiel gesetzt wird. Daher ist es wichtig, bei einer Zerschneidungsanalyse alle Verkleinerungen von Lebensräumen und alle bestehenden Trennelemente zu erfassen.

An dieser Anforderung orientiert sich die Analyse der Landschaftszerschneidung für Baden-Württemberg, die innerhalb der letzten zwei Jahre an der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Landschaftsplanung und Ökologie der Universität Stuttgart und der Landesanstalt für Umweltschutz in Baden-Württemberg durchgeführt wurde (JAEGER ET AL. 2001, ESSWEIN ET AL. 2002). Es wurde eine Karte der Landschaftszerschneidung erstellt, in der als Trennelemente alle Straßen (von Bundesautobahnen bis Gemeindeverbindungsstraßen), Schienen, Ortslagen, Seen und Flüsse (ab einer Breite von 6 m) verwendet wurden (Kartenbeilage in JAEGER ET AL. 2001). Die Analysemethode und die Ergebnisse werden ausführlich von ESSWEIN ET AL. (2002) dargestellt. Der in dieser Studie angewandte Indikator „effektive Lebensraumgröße von Tieren und Pflanzen" macht eine flächendeckende Aussage über die Größe der verbleibenden Lebensräume als Potenzial für Artenvielfalt im Land. Gemessen wird dieser Indikator mit dem einfachen und zugleich aussagekräftigen Maß der effektiven Maschenweite meff (JAEGER 2000, 2001). Zwar erhebt das Statistische Bundesamt regelmäßig Daten über den Landschaftsverbrauch. So werden täglich in Deutschland 129 Hektar freie Landschaft in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt. Dies entspricht rund 175 Fußballfeldern pro Tag. Damit ist ein neuer Höchststand erreicht. In den Jahren zwischen 1993 und 1997 waren es noch 120 Hektar täglich. Diese Daten sagen jedoch nichts darüber aus, wie sich der Verbrauch von Landschaft für Verkehr, Gewerbe und Wohnsiedlungen insgesamt auf die Größen der verbleibenden Gebiete auswirkt. Diese Information liefert die „effektive Maschenweite". Ein hoher Zerschneidungsgrad wird durch eine geringe effektive Maschenweite angezeigt. Ein hoher Wert von meff weist hingegen auf eine geringe Zerschneidung hin und damit auf ein hohes Potenzial einer Region für Biodiversität. Diesen Zusammenhang zwischen Artenreichtum und Lebensraumgröße bestätigt eine neuere Studie aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie stellt fest: „(1) Es besteht die Tendenz, dass unabhängig von der inneren Raumstruktur der Artenreichtum mit der Größe der Freiräume zunimmt. (2) Diese Tendenz verstärkt sich mit zunehmender Körpergröße der Arten. (3) Mit der Freiraumgröße nimmt auch der Flächenanteil der naturnahen Lebensraumstrukturen zu" (BAIER und HOLZ 2001: 17).

Die in diesem Projekt verwendete Methode und der Indikator der effektiven Maschenweite stellen ein Verfahren für weitere Untersuchungen zur Verfügung, insbesondere zur Analyse zerschneidungsempfindlicher Räume. Solche Untersuchungen sind Aufgabe des Projektes „Analyse der Landschaftszerschneidung in Baden-Württemberg hinsichtlich belastungsempfindlicher Räume". Die Ergebnisse werden in dem hier vorliegenden Bericht beschrieben. Zur Verfeinerung der Methode und zur Überprüfung, ob der Indikator auch im Rahmen von Empfindlichkeitsabschätzungen spezieller Landschaftsräume und Biotope verwendet werden kann, wurde nun in diesem Projekt der Indikator effektive Maschenweite zur Analyse von zerschneidungsempfindlichen Landschaftsräumen eingesetzt. Mit dem Kartenatlas und dem Zielartenkonzept zum Landschaftsrahmenprogramm Baden-Württemberg (IER/ILPÖ 1999) stehen umfangreiche Datengrundlagen zur Verfügung, die mit Hilfe geeigneter Methoden Aussagen zu Gefährdungspotenzialen spezieller Biotoptypen und Landschaftsräume zulassen. Das Projekt verwendet diese Daten und berechnet den Zerschneidungsgrad mit Bezug auf die dort ermittelten Gebietsgliederungen zu verschiedenen Themen. Aus technischen Gründen wurde die Arbeit in zwei Teile gegliedert. Teil II ist ein Kartenteil, in dem die Ergebnisse zu allen bearbeiteten Themen für Baden-Württemberg dargestellt sind. Teil I umfasst die Methodenbeschreibung sowie die Ergebnisinterpretation des Kartenteiles.