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Bewertung von Strategien zur Vermeidung von CO2-Emissionen aus der landwirtschaftlichen Nutzung in Baden-Württemberg

Bild der Titelseite der Publikation: Bewertung von Strategien zur Vermeidung von CO2-Emissionen aus der landwirtschaftlichen Nutzung in Baden-Württemberg

Billen, Norbert

2007

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Böden besitzen ein hohes Kohlenstoff-Speicherpotenzial. Mit dem Vorhaben wurde Aufklärung zum möglichen Beitrag landwirtschaftlich genutzter Böden in Baden-Württemberg, zur Erfüllung des Kyoto-Protokolls und der Neuauflage des baden-württembergischen Klimaschutzprogramms geleistet. Aufgrund der ökologisch-ökonomischen Relevanz wurde das Vorhaben interdisziplinär aus bodenkundlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht bearbeitet. Drei erfolgversprechende Maßnahmenszenarien werden untersucht: Etablierung von Grünland, Umstellung auf konservierende Bodenbearbeitung und Wiedervernässung von Mooren/humosen Mineralböden. Das Arbeitsprogramm umfasste vier Module auf zwei Maßstabsebenen: Die Lokale Ebene mit dem Evaluierungsmodul (Feldmessungen sowie Evaluierung bekannter Untersuchungsergebnisse von 13 repräsentativen Ackerstandorten in 8 ökologisch-ökonomischen Vergleichsgebietsgruppen Baden-Württembergs) und mit dem Agrarökosystemaren Modul (Evaluierungen mit dem EPIC-Modell zu CO2-Festlegungspotenzialen von Böden) sowie die Regionale Ebene mit dem Agrarökonomischen Modul (Berechnungen mit dem EFEM-Modell zu Produktions- und Emissionsgrößen auf Betriebs- und Regionalebene) und dem Geografischen Informationssystem (GIS)-Modul (integrierende Plattform aller Module mit Datenpool- und Auswertungs-/Analysefunktion)

Auf der lokalen Ebene haben echte Zeitreihenanalysen nach 22-jähriger Wiedervernässung eines Niedermoores und bei ca. 20-jähriger Grünlandbewirtschaftung ein jährliches Speicher-potenzial von 2,0 - 2,5 Mg C02 ha-1a-1 in Böden ergeben. Die teilweise klimarelevanten C-Vorräte betrugen im Porenwasser des organischen Niedermoores durchschnittlich das 6,5-fache von dem eines mineralischen Gley-Kolluviums. Ob jedoch das Porenwasser des Niedermoores auch ein größeres Speicherreservoir oder eine größere C-Dynamik aufweist, konnte mit den verfügbaren Ressourcen nicht geklärt werden. Bei den falschen Zeitreihenanalysen wurde das Speicherpotenzial mittels Humusveränderungen ermittelt. Dabei ergab sich bei Umstellung auf pfluglose Bodenbearbeitung im Oberboden (0-20 cm) eine jährliche Festlegung von knapp 1,3 Mg C02 ha-1a-1 und durch Etablierung von Grünland oder begrünter Brache 4,9 Mg C02 ha-1a-1. Die Unterschiede gegenüber Böden mit Pflugbewirtschaftung waren jedoch nur in 0-5 cm Tiefe signifikant. Andererseits konnten die analysierten Ergebnisse nach Kalibrierung des EPIC-Simulationsmodells im Mittel sehr gut simuliert werden und entsprachen im Durchschnitt auch den Ergebnissen mit dem IPCC-Prognosetool. In Einzelfällen waren die Unterschiede zwischen Analyse und Simulation jedoch erheblich. Die Studie von 350 internationalen Publikationen ergab 234 verwertbare Datenpaare. Demnach beträgt das CO2-Anreicherungspotenzial in baden-württembergischen Böden bei pflugloser Bodenbearbeitung 120 % des internationalen Durchschnitts und bei Grünlandetablierung 290 %. Ursachen könnten das günstigere Klima und die vormals intensivere Bewirtschaftung sein.

Auf der regionalen Ebene hat der Vergleich von EPIC-simulierten mit statistischen Ernteerträgen gute Ergebnisse erbracht (r2 = 0,85), so dass die agrarökosystemare Modellierung nur mit minimaler Modellanpassung durchgeführt wurde. Insgesamt zeigte die regionale Modellierung mit dem Landressourceninformationssystem SLISYS-BW und integriertem EPIC zur Kohlenstoffbindung in Abhängigkeit von Bodenbearbeitung und Feldfrucht zumeist eine deutliche Verringerung der Kohlenstoffverluste aus Ackerböden durch Minimalbodenbearbeitung im Vergleich zum konventionellen Pflügen. Unter dem Landnutzungsmuster des Jahres 2003 könnten die CO2-Emissionen aus der Ackerfläche durch Umstellung auf minimale Bodenbearbeitung um 314 Gg C pro Jahr reduziert werden. Das entspräche knapp einem Zehntel der Reduktionsziele des Umweltplanes Baden-Württemberg für das Jahr 2010. Durch Umstellung auf reduzierte Bodenbearbeitung wäre das Minderungspotential etwas geringer. Wegen des hohen Anteils an Ernterückständen haben Wintergetreide und Raps das höchste C-Fixierungspotential (540 bis 640 kg pro Hektar und Jahr). Wird die Auswirkung der Umstellung der Bodenbearbeitung auf die Erosion mitberücksichtigt, so hat die Vergleichgebietsgruppe Unterland/Gäue das höchste Reduktionspotenzial (ca. 88 Gg/a), gefolgt von den VGG Oberland/Donau, Bauland/Hohenlohe, Rhein/Bodensee und Alb/Baar. Diese fünf VGG erbringen fast 90% des CO2-Reduktionspotenzials auf Ackerflächen in BW.

Die Modellergebnisse des ökonomisch-ökologischen Regionalmodells EFEM (Economic Farm Emission Model) haben gezeigt, dass die Landwirtschaft in Baden-Württemberg unter den fortgeschriebenen agrarpolitischen Rahmenbedingungen (Referenz 2013) durchschnittlich ca. 4,4 t CO2-Äquivalente je ha emittieren würde. Dabei wurden alle landwirtschaftlichen Emissionsquellen von Kohlendioxid, Methan und Lachgas erfasst. Berücksichtigt man die derzeit im Rahmen der nationalen Bilanzerstellungen noch nicht erfassten landwirtschaftlichen Kohlenstoffsenken, so könnte bereits im Referenzszenario 2013 der Landwirtschaft ca. 700 kg CO2-Äquivalente je ha gutgeschrieben werden, so dass der durchschnittliche Saldo bei ca. 3,7 t CO2-Äquivalente je ha liegen würde. Wie sich eine potenzielle Erhöhung dieser Senkenfunktion auswirken würde, konnte durch die zwei Bodenszenarien erläutert werden. Szenario Boden_I zeigt, welche Mengen an Humuskohlenstoff maximal im Boden akkumuliert werden könnten. Hierbei war das Ziel, unter den gegebenen Rahmenbedingungen und unter realistischen Annahmen im Bereich der Pflanzenproduktion, die technisch machbaren Einsparungspotenziale durch den Boden als Kohlenstoffsenke aufzuzeigen. Verwendet man zur Bewertung der Senken, die bei den Modellrechnungen herangezogenen IPCC-Methode, so könnten durch die getesteten Maßnahmen im Landesmittel ca. 1,7 t CO2-Äquivalente je ha der Landwirtschaft gutgeschrieben werden. Im Szenario Boden_II wird die gezielte finanzielle Förderung von Zwischenfruchtanbau und reduzierten Bodenbearbeitungsverfahren untersucht. Bei diesem Szenario bestehen insofern keine Restriktionen, da der Landwirt über die Bodenbearbeitungsverfahren und den Zwischenfruchtanbau unter der Prämisse des maximal erzielbaren Deckungsbeitrages entscheidet. Als Anhaltspunkt dient das Agrarumweltprogramm MEKA. Das Einsparungspotenzial diese Szenarios liegt mit ca. 1,6 t je ha nur unwesentlich unter dem restriktiven Szenario Boden_I. Neben der IPCC-Methode wurden für beiden Modellszenarien die mit SLYSIS-BW (regionale EPIC-Modellierung) ermittelten Werten für die Humusakkumulation verwendet. Es zeigte sich, dass die Verwendung der SLYSIS-BW Werte ein deutlich höheres Senkenpotenzial der landwirtschaftlichen Flächen prognostiziert. Je nach verwendeter Methode und Ausgestaltung des Szenarios könnten die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen um 52 % gesenkt werden (Boden_I, EPIC). Die regionale Betrachtung zeigt, dass insbesondere Ackerbauregionen wie z.B. Unterland/Gäue (VGG 1) oder aber Rhein/Bodensee (VGG 2) ein hohes Speicherpotenzial für Kohlenstoff besitzen.

Zur ökonomischen Bewertung wird eine Kosten-Nutzen-Gegenüberstellung durchgeführt. Bei den Szenarien der Humusakkumulation werden neben der Einkommensentwicklung im Sektor Landwirtschaft die finanziellen Zuwendungen für die Förderung des Zwischenfruchtanbaus und der Anwendung reduzierter Bodenbearbeitungsverfahren berücksichtigt. Dabei zeigt sich, dass die getesteten Bodenszenarien mit maximal 10,5 € je t CO2-Äquivalent vergleichsweise geringe Vermeidungskosten verursachen. Hierbei muss aber immer beachtet werden, dass der landwirtschaftlich genutzte Boden ein empfindlicher Kohlenstoffspeicher ist und lediglich kurz- bis mittelfristig zur C-Akkumulation genutzt werden kann. Neben dem Beitrag der Landwirtschaft zur Kohlenstoffsenke durch reduzierte Bodenbearbeitung, spielt derzeit insbesondere der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen bzw. Energiepflanzen eine große Rolle. Da auch bei der Abschätzung des Reduktionspotenzials durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen die räumliche Verteilung der landwirtschaftlichen Kulturen eine große Rolle spielt, kann auch hier der Modellverbund EFEM – SLYSIS-BW eingesetzt werden.