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INANU - Innovation durch Nanotechnologie in der Umwelttechnik als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Bild der Titelseite der Publikation: INANU - Innovation durch Nanotechnologie in der Umwelttechnik als Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Angerer, G.; Heubach, Daniel

2007

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Die Nanotechnologie zählt zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts mit einem Innovationspotenzial für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Nanotechnologie ist jedoch kein Produkt, vielmehr beschreibt sie neue Erkenntnisse von Materialeigenschaften und -funktionalitäten durch die gezielte Strukturierung und die definierte Anordnung von Partikeln, Materialen und Komponenten in der Nano-Dimension (10-9m). Die neuen Phänomene, die allein von der Dimensionen im Nanometerbereich abhängig sind, betreffen bspw. die chemischen, biologischen, optischen, elektrischen oder mechanischen Eigenschaften von Werkstoffen und Oberflächen (siehe Bachmann 1998, TAB 2004). Die Kombination dieser neuen Phänomene mit bestehenden, konventionellen Produkten oder Technologien ergibt völlig neue Perspektiven. Sie betreffen das Produkt, die Anwendungsfelder, aber auch das Engineering von Produkten – gleichzeitig sind völlig neue Einsatzgebiete zu erwarten.

Die Forschung und erste Anwendungen der Nanotechnologie stecken noch in den Anfängen (Hullmann 2001). Daraus resultiert zum einen die Herausforderung, dass viele Anwendungen vorstellbar sind, aber wenig konkrete Abschätzungen über die Chancen und Risiken vorliegen. Zum anderen bietet sich auch die Chance, in diesem frühen Stadium die weitere Entwicklung der Nanotechnologie, bspw. auch unter Gesichtspunkten der Integrierten Produktpolitik (IPP), zu steuern und zu fördern. Erste Anwendungen der Nanotechnologie u.a. in Kosmetika, in Reinigungsmitteln, in der Elektrotechnik, im Automobilbau oder der Chemie sind schon bekannt, ein großes Potenzial ist auch für den Anwendungsbereich der Umwelttechnik zu erwarten (Spath et al 2004a, Heubach et al 2005). So bedient sich die Umwelttechnik als Querschnitttechnologie verschiedenster Basistechnologien und Disziplinen: Innovationen wie z.B. in der Werkstofftechnik, Verfahrenstechnik, Biotechnologie, Mikrotechnik und Informationstechnologie kommen der Umwelttechnik zugute (siehe Angerer et al 1998). Schlüsseltechnologien wie die Nanotechnologie können in der Umwelttechnik für Innovationsschübe sorgen, indem Optimierungspotenziale von Prozessen und Produkten realisiert oder nachhaltige Produkte entwickelt werden.

Anwendungspotenziale der Nanotechnologie für die Umwelttechnik erstrecken sich u. a. auf Reinigungs- und Aufbereitungsprozesse, Sensorik und Analyseverfahren, Energiesysteme, Materialauswahl und die Oberflächenfunktionalisierung mit umweltfreundlichen Eigenschaften. In diesem Forschungsvorhaben steht das aus Umweltsicht interessante nanotechnologische Anwendungsfeld der funktionalisierten Oberflächen im Mittelpunkt. Hierzu gehören „Nicht-Verschmutzungs"-Beschichtungen (Easy-to-Clean), Beschichtungen mit bioziden Eigenschaften oder reibungsarme Oberflächen. Hiervon erhofft man sich u. a. ein Einsparpotenzial an Reinigungsmitteln oder Schmierstoffen in der Industrie und eine Lebenszyklusverlängerung von Bauteilen.

Im Rahmen dieses Forschungsvorhaben wird das Anwendungsfeld der neuartigen Farbstoff- oder organische Solarzellen (siehe Hinsch 2004, Bachmann/ Rieke 2004), die statt Silizium nanokristalline Elektroden aus Titandioxid einsetzen, in die eine Schicht aus organischen Farbstoffen eingebettet ist, in einer kursorischen Kurzstudie dargestellt. Solche Farbstoffsolarzellen können im Siebdruckverfahren hergestellt werden und benötigen keine Reinraumtechnik. Erste Prototypen existieren bereits. Baden-Württemberg ist auf diesem Gebiet weltweit in der Spitze vertreten. Sie dienen als Beispiel für Innovationssprünge in der Umwelttechnik durch die Nanotechnologie.

Um die Marktbringung von nanotechnologischen Materialien, Komponenten oder Systemen technologisch voranzutreiben, muss die möglichkeitsgetriebene Nanoforschung mit dem problemlösungs-orientierten Ansatz der Umwelttechnik methodisch zusammengeführt werden. Aus dieser Kombination der Nanotechnologie und Umwelttechnologie können sich dann neue potenzielle Anwendungen und Geschäftsfelder für Unternehmen und innovative Produkte am Markt ergeben. Neben einem Beitrag zum Schutz der Umwelt wird so auch der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg in Schlüsseltechnologien wie der Nanotechnologie und der Umwelttechnik durch neue innovative Produkte und Dienstleistungen gestärkt.

In zwei Studien des Fraunhofer IAO und des IAT, Universität Stuttgart, wurden die Einsatz- und Innovations-potenziale der Nanotechnologie in der Umwelttechnik bewertet (Spath et al 2004a, Heubach et al 2005). Dabei zeigten sich folgende Defizite:

  1. In der Nanotechnologie wird zurzeit an den Grundlagen zukünftiger Materialien und Anwendungen geforscht. Bisher verbessert die Nanotechnologie bereits die Eigenschaften einiger weniger bestehender Produkte. Es werden hohe Wachstumsraten, Marktvolumen, aber auch Effizienzpotenziale erwartet, eine genaue Abschätzung der konkreten ökonomischen Potenziale sowie der Chancen und Risiken (besonders der ökologischen Chancen) fehlt jedoch bisher, besonders vor dem Hintergrund zukünftiger Anwendungsszenarien.
  2. Die Katalyse, die Sensorik, die Oberflächen, die Trenn- und Aufbereitungsverfahren sowie die Energiesysteme sind mögliche potenzielle Anwendungsfelder der Nanotechnologie in der Umwelttechnik. Eine detaillierte Analyse der Anwendungsfälle als Praxisbeispiele für Unternehmen fehlt noch. Insgesamt ist die Nanotechnologie in der Umwelttechnik noch weitgehend unbekannt.
  3. Die Entwicklung der Nanotechnologie bisher stark von den erforschten Möglichkeiten und entdeckten Funktionalitäten getrieben ist, während die Forschung in der Umwelttechnik problemgetrieben ist. Beide müssen zusammengeführt werden, um eine Umsetzung von Inventionen am Markt zu erreichen. Ein weiteres Hemmnis ist der fehlende Informationsaustausch über die jeweiligen Forschungsfragen. Der Querschnittscharakter beider Technologien erfordert die Anpassung und Erweiterung von Methoden des Technologie- und Innovationsmanagement, um den Technologie- und Wissenstransfer zu unterstützen und besonders KMU an den Innovationspotenzialen partizipieren zu lassen.
  4. Baden-Württemberg steht mit an der Spitze der Nanotechnolgieforschung. Diese Kompetenz kann für neue Anwendungsfelder in der Umwelttechnik genutzt werden und damit der Wissens- und Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gestärkt werden.

Das vorliegende Forschungsvorhaben baut auf diesen Ergebnissen auf.