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Analyse der Schwermetallstoffströme in Steinkohlefeuerungen unter besonderer Berücksichtigung des Betriebszustandes der Anlage

Bild der Titelseite der Publikation: Analyse der Schwermetallstoffströme in Steinkohlefeuerungen unter besonderer Berücksichtigung des Betriebszustandes der Anlage

Rentz, Otto; Martel, Ch.

1998

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Ziel der Arbeit ist die Aufklärung des Verhaltens von Schwermetallen in Kohlenstaubfeuerungen bei der Verfeuerung verschiedener Kohlesorten, insbesondere von Importkohle, und bei verschiedenen Lastzuständen. Hierzu werden experimentelle Untersuchungen an einer Großfeuerungsanlage (Kessel 19 der Grosskraftwerk Mannheim AG, Leistung: 1150 MWth) im Normalbetrieb durchgeführt. Größen, die experimentell nicht ermittelt werden können, wie z. B. die Schwermetallspeziation im Rauchgas, werden durch thermodynamische Berechnungen ermittelt.

Die vorliegende Arbeit stellt eine erhebliche Erweitung der bisherigen Datengrundlage zum Verhalten von Schwermetallen in Feuerungsanlagen dar. Die Ergebnisse der Arbeit verbessern die Genauigkeit der Berechnungsmethoden zur Ermittlung von Schwermetallemissionen aus der Kohleverbrennung. Weiterhin können die daraus gewonnenen Erkenntnisse gezielt zur Beeinflussung der Schwermetallstoffströme aus Kohlefeuerungen eingesetzt werden.

In der experimentellen Arbeit wird die Änderung der Verteilung der Schwermetalle Arsen, Cadmium, Nickel und Blei sowie des partikelgebundenen und gasförmigen Quecksilbers auf die Verbrennungsprodukte Grobasche, Flugasche und Rauchgas bei einer Steinkohle-Trockenfeuerung untersucht. Dazu werden um den Kessel während der Verfeuerung unterschiedlicher Kohlearten und bei verschiedenen Lastzuständen für die betrachteten Elemente Bilanzen erstellt. Es werden Rohkohle-, Grobasche-, Flugasche- und Rohgasproben genommen und auf ihre Schwermetallkonzentrationen hin analysiert. Bei der Flugascheprobenahme werden sowohl eine Gesamtstaubprobe als auch eine nach der Partikelgröße fraktionierte Staubprobe genommen. Das im Rauchgas vorhandene gasförmige Quecksilber(II)-Chlorid wird an einem basischen Anionenaustauscher, adsorbiert. Die weiteren Quecksilberspezies werden von der nachgeschalteten Iodkohle erfaßt.

Der Einfluß des Rußblasens während der Flugstaubprobenahme auf die Ergebnisse der Bilanzierung wird untersucht. Das Rußblasen zeigt einen geringen Einfluß auf die Ergebnisse der Bilanzierung, insbesondere auf die Schwermetallkonzentrationen im Flugstaub, so daß die Schwermetallbilanzierungen im Normalbetrieb mit Rußblasen durchgeführt werden können.

Es werden erstmals um einen Kessel eine große Anzahl von Bilanzierungen unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt. Insgesamt werden 22 Elementbilanzen um den Kessel während der Verfeuerung von 14 unterschiedlichen Kohlensorten bzw. Kohlemischungen aus maximal 2 Kohlen aus dem Ruhr- bzw. Saargebiet, Südafrika, Kolumbien und Australien für die betrachteten Schwermetalle erstellt. Das Schwermetallverhalten wird somit für ein breites Brennstoffband untersucht. Die Auswahl der Kohlen erfolgt auf der Grundlage einer Klassifizierung der in Kessel 19 verfeuerten Kohlen aus 22 Zechen nach 12 Parametern, die für das Verhalten von Schwermetallen bei der Verbrennung von Relevanz sind.

Bei der Untersuchung der gasförmigen Quecksilberfracht wird eine Erhöhung des Massenanteils des gasförmigen Quecksilber(II)-Chlorids im Rauchgas bei zunehmendem Chlorgehalt der Kohle beobachtet. Das Verhältnis des gasförmigen Quecksilberanteils zur gesamten Hg-Ausgangsfracht (partikelgebunden und gasförmig) hängt allerdings von weiteren Flugasche- bzw. Kohleeigenschaften ab. Hier stellt sich der Erdalkaligehalt der Kohle, insbesondere der Calciumgehalt, als wesentlicher Einflußfaktor für die Einbindung des gasförmigen Quecksilbers in die Flugasche heraus. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Abscheidegrade des Quecksilbers durch den Elektrofilter und die Rauchgasentschwefelungsanlage. So wird mit erhöhtem Calciumgehalt der Kohle ein höherer Massenanteil des Quecksilbers mit der Flugasche durch den Elektroabscheider abgeschieden. Bei erhöhtem Chlorgehalt kann ein höherer Massenanteil an Quecksilber als Quecksilber(II)-Chlorid in der Kalksteinwäsche ausgewaschen werden. Für eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Anlagen ist jedoch eine anlagenspezifische Untersuchung des Verhaltens von Quecksilber erforderlich, da neben Brennstoffeigenschaften auch Anlageneigenschaften und die Verbrennungsführung (z. B. der Abbrand der Kohlepartikel) eine entscheidende Rolle spielen.

Die Einbindung der Schwermetalle in die Grobasche nimmt mit abnehmenden Dampfdrücken zu. So wird für Quecksilber die niedrigste, für Nickel die höchste Einbindung in die Grobasche beobachtet. Insgesamt kann es aufgrund der geringen Unterschiede im Einbindeverhalten der Schwermetalle zwischen den einzelnen Kohlesorten kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der chemischen Kohlezusammensetzung und den Einbindegraden erkannt werden. Für zwei Kohlen mit erhöhter Verschlackung- und Verschmutzungsneigung wird jedoch eine etwas höhere Einbindung der Elemente Nickel und Blei in die Grobasche beobachtet.

Dieser Trend wird durch die Untersuchung des partikelgrößenabhängigen Anreicherungsverhaltens der Schwermetalle in der Flugasche bestätigt. Die Anreicherung des Nickels in der Flugasche ist für Partikel im Mikrometerbereich weniger ausgeprägt als für die Elemente As, Cd und Pb. Das partikelgebundene Hg zeigt von allen hier betrachteten Schwermetallen über dem gesamten Partikelgrößenspektrum die geringste Anreicherung. Aus dem Vergleich der Schwermetallanreicherung in der Flugasche bei Voll-, Teillast- und Anfahrbetrieb läßt sich darüber hinaus festhalten, daß die Anreicherungsprofile bei Vollast die maximal erreichbare Konzentration der Schwermetalle in der Flugasche ergeben. Die Ergebnisse bei Vollast stellen somit den maximalen Austrag an Schwermetallen aus dem Kessel über die Rauchgase dar. Die schwermetallspezifischen Anreicherungsprofile zeigen trotz der ausgeprägten Unterschiede in den chemisch-physikalischen Eigenschaften der untersuchten Kohlen keine kohlespezifischen Tendenzen, insbesondere ist kein eindeutiger Unterschied im Schwermetallverhalten zwischen Importkohlen und einheimischen Kohlen sowie zwischen reinen und gemischten Kohlesorten zu beobachten.

Die partikelgrößenabhängige Schwermetallanreicherung liegt für alle untersuchten Kohlesorten in einer für jedes Element typischen Bandbreite vor. Es kann aufgrund des breiten untersuchten Brennstoffbandes davon ausgegangen werden, daß die Schwermetallanreichung für jede weitere Kohle sich innerhalb dieser Bandbreite befinden wird. Sie kann daher als für den Kessel charakteristisch angenommen werden. Das partikelgrößenabhängige Anreicherungsprofil der Schwermetalle in der Flugasche ist nicht nur eine element- sondern auch eine kesseltypische Eigenschaft. Für weitere Feuerungsanlagen kann somit ein anlagentypisches Anreicherungsprofil für jedes Schwermetall ermittelt werden. Auf Basis des charakteristischen Anreicherungsprofils können mittels eines Schwermetallverteilungsmodells die partikelgebundenen Schwermetallfrachten über die verschiedenen Staubfraktionen des Rohgasstaubes sowie über die weiteren Stoffströme der Anlage (Elektrofilterstaub, REA-Reststoffe sowie Reingas) mit guter Genauigkeit ermittelt werden.

In theoretischen Arbeit wird die Speziation der Schwermetalle Arsen, Cadmium, Quecksilber, Nickel und Blei im Rauchgas mittels thermodynamischer Gleichgewichtsberechnungen ermittelt. Eine derartige Untersuchung wird hier erstmals für eine variierende Kohle- bzw. Rauchgaszusammensetzung durchgeführt. Die thermodynamischen Berechnungen erfolgen für je eine südafrikanische, deutsche, australische und kanadische Kohle und zwei verschiedene Lastzustände (100 und 40 % Last). Das Gleichgewichtsmodell wird für die Betriebsbedingungen des Kessels 19 des GKM entwickelt. Die Temperatur wird in den Berechnungen im einem Bereich von 1600 bis 100°C variiert, um das Schwermetallverhalten während der Abkühlung der Rauchgase zu analysieren.

Die Ergebnisse der thermodynamischen Modellierung zeigen, daß die Speziation der Schwermetalle im Rauchgas in erster Linie element- und temperaturabhängig ist. Es zeigt sich eine geringe Sensitivität der elementspezifischen Verhaltensweisen im Rauchgas gegenüber einer Variation der Kohlesorte und des Lastzustandes trotz Variation der Sauerstoffkonzentration im Rauchgas um einen Faktor 2, des Gehalts an Schwefel in der Kohle um einen Faktor 3, des Chlors um einen Faktor 9 und des Broms um einen Faktor 7 zwischen den einzelnen Kohlesorten und Lastzuständen. Die Ergebnisse der thermodynamischen Modellierung können somit zur Auswahl von Meßinstrumenten, die auf der Bestimmung einzelner Spezies im Rauchgas beruhen, eingesetzt werden.

Insgesamt läßt sich feststellen, daß aufgrund der vielfältigen und oftmals entgegengesetzten Wechselwirkungen der einzelnen Kohleeigenschaften die Verteilung der Schwermetalle auf die einzelnen Stoffströme der Feuerungsanlage sich nicht auf einzelne Kohleparameter zurückführen läßt. Bei Quecksilber kann jedoch eine gezielte Brennstoffauswahl entsprechend der identifizierten Eigenschaften (z. B. Chlor- und Calciumgehalt) zu einer Verringerung der Quecksilberemissionen beitragen. Für die partikelgebundenen Schwermetallstoffströme erweist sich bei einer gegebenen Anlage die Schwermetallkonzentration in der Kohle als der wesentliche Parameter, über den die Schwermetallstoffströme in der Anlage zu beeinflussen sind und der zur Emissionsminderung genutzt werden kann.