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Optimierung der Kraftstoffstrahlausbreitung für Pflanzenöl, insbesondere natürliches Rapsöl, bei der Verwendung moderner Diesel-Einspritzsysteme

Bild der Titelseite der Publikation: Optimierung der Kraftstoffstrahlausbreitung für Pflanzenöl, insbesondere natürliches Rapsöl, bei der Verwendung moderner Diesel-Einspritzsysteme

Lüft, M.; Spicher, Ulrich

2007

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Biogene Kraftstoffe haben gegenüber fossilen Kraftstoffen den großen Vorteil eines geschlossenen CO2-Kreislaufs. Reines Rapsöl ist eine Variante der Biokraftstoffe erster Generation, die zumindest einen Teil des Energiebedarfs im Verkehr decken kann und sich für Nischenlösungen in umweltsensiblen Anwendungen besonders anbietet. Die Anwendung von Reinem Rapsöl in Verbrennungsmotoren wird bereits seit einigen Jahren praktiziert. Die Verbrennung in diesen Motoren ist jedoch nicht voll zufrieden stellend, die Abgasemissionen sind oftmals erhöht und die Lebensdauer, bzw. die Zuverlässigkeit lassen noch Wünsche offen.

Eine wesentliche Ursache hierfür liegt in der nicht auf die Belange dieses Kraftstoffs abgestimmten Einspritztechnik. So wie Einspritzanlagen mit viel Aufwand für die optimale Verbrennung von Dieselkraftstoff entwickelt wurden, müssen auch die Grundlagen für eine optimale Gemischbildung mit Rapsöl zunächst gelegt werden. Hierzu liegt bisher fast keine Literatur vor.

Das in diesem Bericht beschriebene Forschungsprojekt stellt deshalb den ersten Teil eines Gesamtvorhabens dar, in dem moderne Diesel-Brennverfahren auf Pflanzenölkraftstoffe hinsichtlich eines zuverlässigen und schadstoffarmen Betriebs abgestimmt werden sollen. Im Rahmen der Arbeiten des ersten Projektschritts wurden zwei moderne Direkteinspritzsysteme (Common-Rail System und nockengesteuertes System) für Nutzfahrzeug-Dieselmotoren hinsichtlich der Einspritzstrahlausbreitung bei Betrieb mit reinem Rapsöl untersucht.

Rapsöl weist bei niedrigen Temperaturen im Vergleich zu Dieselkraftstoff andere physikalische Eigenschaften auf, welche andere Anforderungen an die Einspritzanlage stellen, als dies bei Dieselkraftstoff der Fall ist. Nur wenn diese Anforderungen erfüllt werden, ist eine vollständige Verbrennung des Kraftstoffs im Motor sichergestellt und damit die Basis für schadstoffarmen, zuverlässigen und wirtschaftlichen Betrieb gelegt.

Im Rahmen des hier beschriebenen Vorhabens sollte die Kraftstoffstrahlausbreitung außerhalb des Motors mit optischen Messverfahren analysiert werden. Hierzu wurde zunächst eine Kraftstoffversorgungseinheit aufgebaut, die eine Verwendung sowohl nockengesteuerter Einspritzsysteme, als auch modernster Common-Rail Systeme gemeinsam mit der optischen Messtechnik gestattet. Sie ist mit verschiedenen Pumpen und Heizsystemen ausgerüstet, um die Komponenten mit in den Versuch mit einzubeziehen, die auch in der Praxis in einem Fahrzeug verwendet werden. Der Aufbau des Hochdrucksystems stellt im Rahmen der hier präsentieren Arbeiten den Serienstand zweier ausgewählter Motoren aus der Praxis dar. Er ist aber ausdrücklich dafür vorgesehen, entsprechend den Anforderungen, die sich als Ergebnisse aus den Untersuchungen ergeben, modifiziert zu werden.

Die Einspritzung erfolgte in zwei verschiedene optisch zugängliche Kammern. Dies ist zum einen die Atmosphärenkammer, die durch einfach zu säubernde, große optische Zugänge, die Möglichkeit bietet, rasch zu qualitativ aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen. Sie kann dafür nur unter Umgebungsdruck betrieben werden.

Die zusätzlich verfügbare Druckkammer stellt die Bedingungen zur Verfügung, wie sie im Brennraum des Dieselmotors im Moment der Einspritzung vorherrschen. Der Druck in der Kammer wurde in Stufen zwischen Umgebungsdruck und 50 bar gewählt, um verschiedene Lastzustände und Verdichtungsverhältnisse mit zu erfassen. Um in jedem Fall eine Zündung des eingespritzten Kraftstoffs zu verhindern, wird die Druckkammer mit Stickstoff gefüllt. Messungen an dieser Druckkammer sind wesentlich aufwendiger, dafür aber näher an den realen Bedingungen des Motors.

Zur Erfassung und Bewertung der Strahlausbreitung kamen die Mie-Streulichtmesstechnik und die Schattenrissmesstechnik zum Einsatz. Durch ein Glasfenster der Druckkammer wird helles Licht auf den bzw. die Einspritzstrahlen geworfen. Eine hoch auflösende Kamera nimmt in einem Fall den vom Einspritzstrahl geworfenen Schatten, im anderen Fall das an am Einspritzstrahl rechtwinklig gestreute Licht auf und erzeugt ein Bild. Aus diesen Bildern lassen sich Aussagen zur Außenkontur der Flüssigphase und qualitative Aussagen zur inneren Beschaffenheit des Strahls treffen. Eine Beurteilung der Verdampfung ist mit den hier gewählten Verfahren nicht möglich.

Neben dem optischen Messaufbau gestattet der Versuchsaufbau auch Messungen des Einspritzdrucks und verschiedener Systemparameter, wie Drehzahl der Nockenwelle, Temperaturen oder Vordrücke, die für die korrekte Einstellung des Messpunktes erforderlich sind.

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bestätigen einige in vielen Literaturquellen geäußerte Vermutungen.

Eine Einspritzanlage, die für Dieselkraftstoff ausgelegt wurde, erzeugt bei der Verwendung von Rapsöl mit Raumtemperatur Einspritzstrahlen, die keine Grundlage einer guten Gemischbildung sein können. Die Einspritzstrahlen schnüren sich ein, d. h. sie werden dünner und länger im Vergleich zum Betrieb mit Dieselkraftstoff. Die bei der Zerstäubung entstehenden Tröpfchen sind, ohne Tropfenspektralanalyse nur anhand des Nebels beurteilt, deutlich größer. Die Vermischung mit der Luft im Brennraum ist somit erschwert, die Vorbedingungen für eine vollständige und schadstoffarme Verbrennung sind schlecht. Dies wird sich besonders bei Teillast und Leerlauf zeigen, wo eine unterstützende Wirkung des heißen Brennraumes bei der Gemischbildung fehlt.

Neben diesen Gesichtspunkten der Verbrennung kommt die Wandbenetzung durch die zu langen Einspritzstrahlen hinzu. Die optischen Untersuchungen konnten eindeutig zeigen, dass die Einspritzstrahlen so lang werden, dass direkt die Wand berührt wird. Dieser Wandauftrag gelangt im Motorbetrieb zum großen Teil in den Triebwerksraum und verdünnt dort das Motorenöl mit den entsprechenden Folgen. Der Rest führt zur Emission unverbrannter Kohlenwasserstoffe oder bildet gemeinsam mit Ruß aus der Verbrennung Ablagerungen an empfindlichen Stellen des Brennraumes und an den Ladungswechselorganen.

Aus hydraulischer Sicht konnte weiterhin beobachtet werden, dass kaltes Rapsöl deutliche Verzögerungen des Einspritzbeginns im Vergleich zu Diesel aufweist. Diese Verzögerung ist von der Drehzahl bzw. dem Einspritzdruck abhängig. Der Einspritzdruck steigt beim nockengesteuerten System gegenüber der Verwendung von Rapsöl an, erreicht aber mit Raumtemperatur noch keine kritischen Werte. Bei winterlichen Temperaturen ist aber auf jeden Fall Vorsicht geboten.

Eine Erwärmung des Rapsöls nähert die Viskosität und die Oberflächenspannung den Werten von Dieselkraftstoff an. Wie an vielen Stellen in der Praxis geschildert, konnte auch im hier vorliegenden Versuchsaufbau gezeigt werden, dass dies alle oben beschriebenen negativen Auswirkungen abmildert. Die Einspritzstrahlen werden kürzer und buschiger, das Tropfenspektrum mit menschlichem Auge betrachtet feiner, der Spitzendruck fällt und die Verzugszeit zwischen Ansteuerbeginn, bzw. Förderbeginn sinkt. Mit Rücksicht auf die einsetzende Polymerisation wurde die Erwärmung allerdings nicht über 70 °C betrieben. Die hierbei beobachteten Verbesserungen gegenüber Raumtemperatur waren deutlich, das Niveau der Einspritzung von Dieselkraftstoff wurde aber bei keinem der untersuchten Systeme erreicht.

Alle Aussagen treffen sowohl für das nockengesteuerte Einspritzsystem, als auch für das Common-Rail System zu.

Als wesentliches Ergebnis der vorliegenden Untersuchungen bleibt festzuhalten, dass die Optimierung der Einspritzung nur aufgrund von Erwärmung des Rapsöls nicht ausreichend ist, um das hohe Niveau der Gemischbildung heute aktueller Brennverfahren zu erreichen. Für zukunftsweisende Arbeiten ist die Optimierung der Düsengeometrie und ggf. der gesamten Einspritzanlage erforderlich. Derartige Arbeiten werden am Institut für Kolbenmaschinen weiter verfolgt und sollen Gegenstand zukünftiger Veröffentlichungen und Berichte sein. Unter Umständen kann mit diesen Maßnahmen die derzeit übliche Erwärmung des Rapsöls reduziert oder sogar ganz darauf verzichtet werden.

Die bisher vorgenommenen Untersuchungen haben den Kraftstoffmassenstrom pro Einspritzvorgang nicht betrachtet. Für den Betrieb des Versuchsmotors ist dies eine sehr wichtige Größe, die zukünftig zu erfassen ist, denn nicht nur Strahlqualität und Einspritzdruck, sondern auch der Kraftstoffmassenstrom bzw. die Einspritzdauer haben einen großen Einfluss auf die Verbrennung.

Die nachfolgenden Untersuchungen müssen selbstverständlich intensiver an der Druckkammer durchgeführt werden. Hierbei gilt es auch noch zu untersuchen, wie weit ein höherer Kompressionsdruck als heute üblich, gleichbedeutend mit einem größeren Verdichtungsverhältnis des Motors, zielführend für Gemischbildung und Verbrennung ist. Hilfreich ist hierbei, dass parallel zu weiteren Experimenten an der Druckkammer demnächst Motorversuche am Forschungs-Einzylindermotor starten werden, die eine Verifikation der optischen Messungen unter den Bedingungen der realen Verbrennung ermöglichen und über die Abgasemissionsmessung eine eindeutige Bewertung der Änderungsmaßnahmen zulassen.