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Feststellung und Modellierung der kurzfristigen Jahresdynamik und kleinräumigen Variabilität von endogäischen Insekten auf Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Baden-Württemberg

Bild der Titelseite der Publikation: Feststellung und Modellierung der kurzfristigen Jahresdynamik und kleinräumigen Variabilität von endogäischen Insekten auf Boden-Dauerbeobachtungsflächen in Baden-Württemberg

Russell, David J.

2004

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Die Bodenschutzgesetze des Bundes und des Landes sollen die Funktionen des Bodens nachhaltig sichern sowie schädliche Bodenveränderungen abwehren. In Baden-Württemberg wird eine Überwachung von Veränderungen gemäß § 2 Abs. 2 BodSchG BW auf Boden-Dauerbeobachtungsflächen (BDF) durchgeführt. Während die Erfassung von bodenphysikalischen und –chemischen Parametern obligatorisch ist, wurden bodenbiologische Parameter auf BDF bisher meist nur vereinzelt erfasst. Seit Jahren werden jedoch auf BDF des Integrierten Rheinprogramms bodenbiologische Untersuchungen – v.a. der endogäischen Insekten – sehr erfolgreich durchgeführt. Bodenorganismen sind allerdings kleinräumig auffallend heterogen verteilt. Um einen repräsentativen Ausschnitt der vorkommenden Lebensgemeinschaften für Monitoringzwecke zu erfassen, werden deshalb enorme Anforderungen an das Probenahmeschema auf BDF gestellt. Allerdings existieren für die Bodenbiologie zur Zeit keine standardisierten Erfassungsmethoden. Die kleinräumige Verteilungsheterogenität führt dazu, dass verschiedene Methoden unterschiedliche Resultate liefern können. Dies begrenzt die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterschiedlicher Jahre und unterschiedlicher BDF.

In den letzten Jahren werden kurzfristige Veränderungen auf BDF in Auenhabitate untersucht. Bei der Überwachung von bodenbiologischen Veränderungen können außerdem besondere Umweltereignisse zusätzliche, ungeplante Monitoringerhebungen nötig machen. Finanzierungsbedingt müssen solche Erhebungen allerdings in der Regel mit wenigen Probenahmeterminen auskommen. Boden-Biozönosen in Auenhabitaten stellen jedoch extrem dynamische Systeme dar, deren zeitliche Entwicklung nicht mit einmaligen Geländeerhebungen erfassbar sind. Die weitgehend unbekannte starke Jahresdynamik der Organismen setzt somit der Kurzfristigkeit, in der Veränderungen festgestellt werden können, Grenzen.

Ziel des vorliegenden Projektes war deshalb, die Verteilung bodenbiologischer Indikatororganismen zu charakterisieren, um Richtlinien für Geländeprotokolle aufzustellen. Weiterhin wurden wichtige, bisher fehlende Informationen zur zeitlichen Entwicklungsdynamik bereitgestellt und damit ein konzeptionelles Modell der Jahresdynamik entwickelt, mit dem zukünftige Erhebungen auf den BDF verglichen und bewertet werden können. Für die unterschiedlichen Fragestellungen wurden verschiedene Teilprojekte durchgeführt.

Im ersten Projektteil wurden die horizontalen Verteilungsmuster bodenbiologischer Indikatororganismen charakterisiert. Dazu wurden auf zwei Flächen á 100 m² bioindikatorische Artengemeinschaften mit 100 Stichproben detailliert erfasst. Für verschiedene Teile der vorkommenden Artengemeinschaften wurden Artenakkumulationskurven erstellt und daraus die für ihre Erfassung notwendige Stichprobenanzahl ermittelt. Zur Überprüfung wurden Simulationen mit verschiedenen Stichprobenanzahlen durchgeführt und die dabei erfassten Teile der Gemeinschaften erneut charakterisiert. Dabei stellte sich heraus, dass für eine Charakterisierung der für die Bioindikation wichtigsten Bodentiergruppen mindestens 10 Stichproben notwendig sind.

Weiterhin wurden die exakten Verteilungsmuster verschiedener Arten und Artengruppen nach Artenzahl und Individuendichte kartiert und auf Zusammenhänge analysiert. Obwohl deutliche Verteilungsunterschiede festgestellt wurden, konnten hierbei keine (für Geländeentscheidungen notwendige) makroskopisch erkennbaren Ursachen identifiziert werden. Deshalb wurden gleichmäßige Verteilungsmuster der Stichproben (nach ISO-Normen) vorgeschlagen. Außerdem wurden die unterschiedliche Artenerfassung einzelner Stichproben (= „Artenturnover") sowie die Unabhängigkeit von Stichproben untereinander (= Autokorrelation) im Verhältnis zu ihrem Abstand zueinander überprüft. Es stellte sich dabei heraus, dass ein Minimalabstand der Stichproben von 1 m sowie ein optimaler Abstand von 2-3 m zu beachten sind.

In einem zweiten Projektteil wurde die Vertikalverteilung der Indikatorengemeinschaften in Hart- sowie Weichholzauen erfasst. Über 80 % der Gesamtindividuen sowie der Individuen der häufigsten Arten wurden in den obersten 5 cm des Bodens nachgewiesen. Obwohl einige Arten vor allem in unter 5 cm Tiefe zu finden waren, wird für eine Charakterisierung der wichtigsten Bodentiergruppen in Auenhabitaten eine Beprobung der obersten 5 cm Boden als ausreichend erachtet. Aus den verschiedenen Ergebnissen der horizontalen und vertikalen Verteilung der bodenbiologischen Indikatorarten wurden spezifische Richtlinien für die Datenerhebung in BDF vorgeschlagen. Die folgenden Richtlinien können als standardisierte Protokolle für die Geländearbeit innerhalb von Monitoringprogrammen gelten:

  • ein Stichprobenumfang von mindestens 10 Parallelen;
  • eine gleichmäßige Verteilung der Proben anhand von ISO-Norm Mustern;
  • ein Abstand zwischen den Proben von mindestens 1 m, optimal jedoch 2-3 m;
  • eine routinemäßige Beprobungstiefe von mindestens 5 cm.

In einem weiteren Projektteil wurden zwischen 2001 und 2003 die kurzfristigen Dynamiken bodenbiologischer Lebensgemeinschaften nach Überflutungsereignissen erfasst. Die Überschwemmungen reduzierten den Artenreichtum und die vorhandenen Individuendichten. Direkt nach Hochwasserereignissen wurden die Gemeinschaften von wenigen, hygrophilen Arten beherrscht. In nur wenigen Wochen nahmen Individuendichten und Artenzahlen rasch wieder zu. Nach 2-4 Wochen traten verstärkt Generalisten und mesophile Arten auf. Nach 4-6 Wochen besiedelten Feuchtigkeit meidende Arten die Flächen und die Gemeinschaften zeigten ihre höchste Diversität sowie die ausgeglichensten Strukturen. Die erfassten Dynamiken wurden als Modell für Entwicklungen nach Hochwasserereignissen aufgestellt und können als Leitbild für die Interpretation zukünftiger Erhebungen dienen. Außerdem wird aufgrund dieser Ergebnisse für zukünftige Monitoringerhebungen ein Untersuchungsbeginn von nicht unter vier Wochen nach dem Überschwemmungsereignis vorgeschlagen.