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Genetische Verarmung als Folge von Schadstoffstress bei Wirbellosen - ein Beitrag zur Biodiversitätsforschung

Bild der Titelseite der Publikation: Genetische Verarmung als Folge von Schadstoffstress bei Wirbellosen - ein Beitrag zur Biodiversitätsforschung

Pfenninger, M.; Oehlmann, J.; Schwenk, K.; Novak, C.; Vogt, C.; Oetken, Matthias

2006

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Das BWPLUS-Projekt "Genetische Verarmung in Folge von Schadstoffstress bei Wirbellosen - Ein Beitrag zur Biodiversitätsforschung" (BWR 22018) wurde von September 2003 bis August 2006 an der Universität Frankfurt/Main durchgeführt. Die wesentlichen Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens lassen sich wie folgt darstellen:

Methodenetablierung

  • Erfolgreiche Entwicklung von geeigneten Mikrosatellitenmarkern zur Erfassung genetischer Variabilität in belasteten und unbelasteten Chironomus riparius Populationen.
  • Durchführung mehrerer Multigenerationsstudien (MGS) über bis zu 12 Generationen (MGS II und III mit mehreren Replikaten), Programmierung geeigneter Software zur Bestimmung von Populationswachstumsraten (PWR).
  • Sichere Determinierung der Art C. riparius im Freiland mit Hilfe genetischer Analysen.

Multigenerationsstudien

  • Eine TBT-Exposition der Testorganismen über das Sediment von nominal 80 µg Sn/kg TG (gemessen 4,46 µg Sn/kg TG) über insgesamt 11 Generationen beeinflusste weder deren Populationswachstumsrate noch deren genetische Variabilität mit der Einschränkung, dass in der TBT-belasteten Population häufiger Abweichungen von der Hardy-Weinberg-Verteilung festzustellen waren im Vergleich zur unbelasteten Kontrollpopulation.
  • Im Gegensatz dazu konnten C. riparius über 12 Generationen einer höheren TBT-Konzentration (nominal 160 µg Sn/kg TG, gemessen 8,93 µg Sn/kg TG) exponiert, signifikante Effekte auf einzelne Life-Cycle Parameter (und in summa auf die Populationswachstumsrate) festgestellt werden. Der Grad an Heterozygotie nahm in der TBT-belasteten Population stärker ab im Vergleich zur Kontrolle.

Effekte zusätzlicher Stressoren

  • Die Exposition gegenüber dem zweiten Stressor Cadmium führte dazu, dass die TBT-vorbelastete C. riparius Population eine signifikant niedrigere Populationswachstumsrate aufwies als die nicht vorbelastete Population.

Feldstudien

  • Die Artverteilung der Gattung Chironomus im Untersuchungsgebiet (Nordwesten Baden-Württemberg) hängt nicht von der Schadstoffbelastung im Sediment ab, sondern das lokale Klima hat vielmehr eine signifikante Bedeutung für die Artverteilung der Chironomiden.
  • Die Sedimente kleinerer Fließgewässer im Nordwesten Baden-Württembergs sind lediglich gering mit TBT belastet. Die ermittelten Konzentrationen befinden sich im Bereich derjenigen TBT-Konzentrationen, die im Sediment der MGS im Labor gemessen worden sind. Allerdings sind diese Konzentrationen nicht direkt miteinander vergleichbar, da in den Laborversuchen nur Quarzsand verwendet wurde und sich somit die Bioverfügbarkeit des TBT unterscheiden kann.

Insgesamt liefern die Experimente deutliche Hinweise, dass chemischer Stress zu einer Abnahme genetischer Variabilität führen kann und dass vorbelastete, genetisch bereits verarmte Populationen möglicherweise weniger in der Lage sind, in Gegenwart eines weiteren Stressors stabile Populationen aufrecht zu erhalten. Vermutlich gelten diese Evidenzen jedoch nur bei Populationen, die in großflächig belasteten Arealen vorkommen und bei denen Genfluss durch zu- und abwandernde Individuen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Für derartige Populationen wäre es möglicherweise schwer, konstante Populationsgrößen aufzubauen, insbesondere dann, wenn weitere Stressoren diese Populationen belasten.