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Neuartige Maßnahmen zur Minderung von Baulärm - Systeme, Methoden, Wirkungen

Bild der Titelseite der Publikation: Neuartige Maßnahmen zur Minderung von Baulärm - Systeme, Methoden, Wirkungen

Weber, Lutz; Mehra, S.-R.; Leistner, Philip; Haltenorth, I.

2007

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Baulärm hat gegenüber anderen Lärmarten einige Besonderheiten: Die Emissionssituationen wirken zeitlich befristet, sind sehr vielfältig und selten stationär. Auch der in den letzten Jahrzehnten verstärkte Einsatz leiserer Baumaschinen hat die Lärmbelästigung nicht spürbar verringert, sodass von Baulärm immer noch viele Menschen betroffen sind. Dieser Umstand, verbunden mit einer latenten bis offenen Inakzeptanz gegenüber Bauarbeiten in der Nachbarschaft, führt neben einer gegen bauliche Investitionen gerichteten Atmosphäre auch zu wirtschaftlichen Folgen, die sich in verzögerten Bauabläufen oder in Regressforderungen bei Mieten oder Hotelbuchungen niederschlägt. Es existieren zwar rechtliche Grundlagen zur Baulärmminderung, die auch auf Lärmminderungsmaßnahmen auf dem Ausbreitungsweg hinweisen, doch werden diese Maßnahmen nur grob umrissen und entsprechen oftmals nicht dem Stand der Technik.

In einer Marktstudie wurden unterschiedliche Abschirmsysteme recherchiert, in funktionale Systeme gegliedert und hinsichtlich ihrer akustischen und nichtakustischen Vor- und Nachteile näher untersucht. Um eine möglichst objektive Einschätzung der verschiedenen Systeme zu erhalten, fand eine Befragung statt, bei welcher 23 verschiedene Abschirmsysteme bewertet wurden. Leichte Systeme werden hinsichtlich ihrer Kosten, der Flexibilität und dem Montageaufwand am besten und in ihren akustischen Eigenschaften ähnlich wie schwere Systeme eingeschätzt. Die Bausicherheit wird bei leichten Systemen hingegen noch als Schwachpunkt eingestuft.

Um durch Abschirmmaßnahmen ein möglichst hohes Wirkungspotenzial bei kleinem Aufwand und geringst möglicher Beeinträchtigung des Baustellenbetriebs zu erreichen, ist eine Konzeptionierung des Lärmschutzes für jede Baustelle individuell notwendig. So sollten die Emissionssituationen bei allen Bauphasen schon im Stadium der Lärmschutzplanung abschätzbar sein, um sich für bestimmte Abschirmkonstruktionen/-materialien, für Abschirmvariationen zwischen Stellwand und Kapsel und für globale oder lokale Konzepte zu entscheiden. Die praktische Umsetzbarkeit von Abschirmmaßnahmen wurde an 18 Stuttgarter Baustellen mit dem Fazit untersucht, dass zwar fast überall zusätzlicher Lärmschutz notwendig ist, jedoch Abschirmungen auf dem Ausbreitungsweg (vorrangig aus Platzgründen) nicht in allen Fällen eingesetzt werden können.

Der vielfach eingebrachte Einwand, leichte Abschirmungen würden wegen ihrer geringen Flächenmasse und damit verbundenen schlechten Schalldämmung für den Einsatzzweck ungeeignet sein, führte zu einer Analyse des Einflusses der Schalldämmung auf den Gesamt-Immissionspegel. Mit einem eigens in diesem Projekt entwickelten Prognoseprogramm, für das auch der bisher vernachlässigte Schalldurchgang bei verschiedenen Abschirmvariationen theoretisch modelliert wurde, ist anhand einiger Fallbeispiele der Schalldurchgang in einen Kontext zur Schallbeugung gesetzt worden. Mittels einer Reihenuntersuchung wurde dargelegt, dass auch leichte Abschirmungen eingesetzt werden können, ohne dass ihre Wirksamkeit wegen zu großen Schalldurchganges vermindert wäre.

Diese Feststellung konnte durch mehrere messtechnische Untersuchungen in einem Halbfreifeldraum und im Freien untermauert werden. Durch Kunstkopfaufnahmen wurden, selbst bei Stellwänden aus leichten Folien, beeindruckende Lärmminderungen auch für Unbeteiligte hörbar. Beim Vergleich der Ergebnisse von Prognose und Berechnung kristallisierten sich im Frequenzverlauf allerdings systematische Differenzen heraus, während die Einzahlwerte gut überein stimmten.

Vier Baustellen im Stuttgarter Raum wurden mit einem Schallimmissions-Prognoseprogramm akustisch näher untersucht, um Lärmminderungspotenziale bei unterschiedlichen Abschirmungskonzeptionen zu evaluieren. Dabei ergab sich, dass auch durch Stellwände - als lokale Abschirmungen gezielt eingesetzt -gegenüber baustellenumfassenden, globalen Lärmschutzmaßnahmen gute Pegelminderungen erzielt werden können.

Zur Überprüfung der Praxistauglichkeit wurden an zwei dieser Baustellen Prototypen aufblasbarer Abschirmungen aufgestellt und akustisch untersucht. Dazu wurden neben Schallpegelmessungen auch Kunstkopfaufnahmen und Passantenbefragungen durchgeführt. Dieser baupraktische Einsatz gestaltete sich überraschend problemlos und zeigte ein großes Mobilitäts- und Flexibilitätspotenzial auf. In akustischer Hinsicht wurden die aus Prognose und Voruntersuchungen gewonnenen Erkenntnisse bezüglich des guten Minderungspotenzials auch leichter Abschirmungen bestätigt.