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Windkanalversuche zur Verbesserung der Ermittlung von KFZ-bedingten Konzentrationsverteilungen in Stadtgebieten

Bild der Titelseite der Publikation: Windkanalversuche zur Verbesserung der Ermittlung von KFZ-bedingten Konzentrationsverteilungen in Stadtgebieten

Kastner-Klein, P.; Plate, Erich

1999

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Das Ziel des vorgestellten Projektes war, eine Datenbasis über die Strömungs- und Ausbreitungsverhältnisse in Stadtgebieten zu schaffen, welche die Verifizierung und Verbesserung numerischer mikroskaliger Modelle ermöglicht. Hierzu wurden im Windkanal typische urbane Bebauungsstrukturen (Straßenschluchtsituationen und Straßenkreuzungen) untersucht. Die Emission von Kraftfahrzeugen wurde durch ein Tracergas, welches bodennah aus Linienquellen freigesetzt wurde, modelliert.

Im Rahmen umfangreicher Voruntersuchungen wurden zunächst die Quellbedingungen überprüft und es konnte die Reynoldsunabhängigkeit der Ergebnisse nachgewiesen werden. Daraus folgt, daß die Versuche nur für eine Windgeschwindigkeit durchzuführen sind, und daß eine Darstellung der Ergebnisse in der Form von dimensionslosen Konzentrationen sinnvoll ist. Hierbei wird die im Windkanal gemessene Tracergaskonzentration cm bezogen auf die Quellstärke Qm / LmQ des Tracergases und mit einer Referenzgeschwindigkeit uref und einer Referenzlänge, in diesem Falle die Gebäudehöhe H, multipliziert.

Während einer ersten intensiven Versuchsphase wurden Konzentrationsmessungen in Straßenschluchten durchgeführt. Das Versuchsprogramm beinhaltete eine Parameterstudie, ausgehend von einfachen Modellen typischer Straßenschluchten. Als Referenzfall wird eine senkrecht angeströmte, zweidimensionale Straßenschlucht betrachtet. Die Konzentrationsverteilung kann wie folgt beschrieben werden:

  1. Die Konzentrationen am leeseitigen Gebäude sind deutlich höher als die am luvseitigen Gebäude. In Bodennähe werden bis zu achtmal höhere Konzentrationen beobachtet.
  2. Am leeseitigen Gebäude treten hohe vertikale Konzentrationsgradienten auf. Das Konzentrationsmaximum liegt in Bodennähe. In halber Gebäudehöhe haben die Werte teilweise bereits um mehr als die Hälfte abgenommen.
  3. Am luvseitigen Gebäude sind die Konzentrationen vertikal gleichmäßig verteilt.
  4. Die Position der Quelle hat einen starken Einfluß auf die Konzentrationsprofile am leeseitigen Gebäude, während kein Einfluß am luvseitigen Gebäude festgestellt wurde.
  5. Auf dem Dach des leeseitigen Gebäudes wurden Konzentrationen gemessen, die höher waren als die Konzentrationen an der Wand des luvseitigen Gebäudes.

Anschließend wurde der Einfluß der Gebäudegeometrie, der Umgebungsbebauung und der Windrichtung untersucht. Ebenso liegen Informationen für einseitig bebaute Straßenschluchten vor. Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden:

  1. Eine beidseitig bebaute Straßenschlucht stellt bei senkrechter Anströmung den "worst - case" hinsichtlich der Schadstoffbelastung dar. An der leeseitigen Schluchtwand werden Konzentrationen gemessen die deutlich höher sind als bei einseitiger Bebauung.
  2. Bei einseitig bebauten Straßenschluchten stellt die Konfiguration Quelle im Lee eines Gebäudes den ungünstigeren Fall dar als Quelle im Luv eines Gebäudes. Der Konzentrationsunterschied in Bodennähe beträgt etwa Faktor 3.
  3. Für den Fall Quelle im Lee des Gebäudes wird nur im unteren Wandbereich (ca. 30%) ein Einfluß der Quellposition beobachtet. Im Fall der luvseitigen Quelle sind Unterschiede über den gesamtem Wandbereich zu erkennen.
  4. Die Variation der Gebäudelänge hat einen signifikanten Einfluß auf die Konzentrationsverteilung in Straßenschluchten. Beim Übergang von zweidimensionalen Situationen zu dreidimensionalen, bei welchen ein seitliches Einströmen in die Straßenschlucht möglich ist, steigen die Konzentrationen in der Schluchtmitte zunächst an und nehmen dann bei einer weiteren Abnahme der Gebäudelänge wieder ab.
  5. Die Variation der Gebäudebreite beeinflußt die Strömungsvorgänge im Dachbereich des leeseitigen Gebäudes. Durch die Ablösung der Strömung an der leeseitigen Gebäudekante bildet sich auf dem Dach ein Wirbel mit Rückströmung aus. Bei schlanken Gebäuden kann die Strömung auf dem Dach des Gebäudes nicht wieder anlegen. Es kommt zu einem signifikanten Transport von Schadstoffen auf das Dach des leeseitigen Gebäudes. Mit zunehmender Gebäudebreite wird dieser Transport abgeschwächt, da die Strömung auf dem Dach des leeseitigen Gebäudes wieder anlegt. Die Konzentrationen an den Dachpunkten sind deutlich geringer, während die Konzentrationen an den Gebäudewänden in der Straßenschlucht zunehmen. Die Ergebnisse lassen vermuten, daß das Verhältnis B/H=1 einen kritischen Wert darstellt, ab welchem ein Wiederanlegen der Strömung möglich ist.
  6. Ein ähnlicher Einfluß kann beim Anbringen von zusätzlichen Gebäuden stromaufwärts der Straßenschlucht beobachtet werden. Es kommt zu einer Konzentrationserhöhung an den Gebäudewänden und zu einer Konzentrationsabnahme auf den Gebäudedächern. Zu erklären ist dieser Effekt durch das Abheben der ankommenden Strömung.
  7. Die Variation der Windrichtung hat gezeigt, daß nur im Falle der Senkrechtanströmung das Konzentrationsmaximum in der Schluchtmitte liegt. Bereits bei einer Veränderung der Windrichtung um 15° kommt es zu einem Transport von Schadstoffen entlang der Straße und das Konzentrationsmaximum wird am Schluchtende beobachtet. Je nach Länge der Gebäude, können die am Schluchtende auftretenden Konzentrationen den Wert in der Schluchtmitte bei senkrechter Anströmung übersteigen.

Die Ergebnisse der Straßenschluchtuntersuchungen wurden dem Ingenieurbüro Lohmeyer zur Verfügung gestellt und ein Vergleich der Windkanalergebnisse mit numerischen Berechnungen wurde von Schädler et al. (1996) im Rahmen des Abschlußberichtes zum Projekt PEF 2 93 001 Vergleich und Bewertung derzeit verfügbarer mikroskaliger Strömungs- und Ausbreitungsmodelle zusammengefaßt.

In einer nächsten Versuchsphase wurden Studien über die Strömungs- und Ausbreitungsverhältnisse in der Umgebung von Straßenkreuzungen durchgeführt. Als Bebauungsstruktur wurde eine Straßenkreuzungssituation mit zwei sich rechtwinklig schneidenden Straßen ausgewählt. Im Referenzfall war die Bebauung in allen vier, an die Kreuzung grenzenden Quadranten gleich. Die Gebäude entsprechen aufgrund ihrer Form und ihren Abmessungen typischen Blockrandbebauungen, wie sie in Innenstädten häufig vorzufinden sind. Zunächst wurden die Konzentrationsverteilungen an den Gebäudewänden ermittelt. Ähnlich wie im Falle der Straßenschluchtstudie wurden systematische Parametervariationen durchgeführt. Untersucht wurde der Einfluß der Windrichtung, der Dachform und der Gebäudehöhe im Kreuzungsbereich.

Als Ergebnis für den Referenzfall kann festgehalten werden, daß im Falle einer Straßenkreuzung bei einer senkrechten Anströmung der belasteten Straße, die Maximalkonzentrationen nicht im Kreuzungsbereich auftreten, sondern etwa um die halbe Gebäudelänge seitlich versetzt von der Kreuzungsmitte. Analog zu den Straßenschluchtkonfigurationen treten an den leeseitigen Wänden deutlich höhere Konzentrationen auf als an den luvseitigen. Vertikale Konzentrationsgradienten sind ebenfalls an den leeseitigen Wänden zu beachten und die Quellposition hat einen ähnlichen Einfluß wie im Falle einer Straßenschlucht. Konzentrationswerte aus Straßenschluchtuntersuchungen unterschätzen die Maximalkonzentrationen, welche im Falle der Straßenkreuzung gemessen wurden.

Der Einfluß der Windrichtung, der Dachform und der Gebäudehöhe im Kreuzungsbereich kann wie folgt zusammengefaßt werden:

Die in Bodennähe auftretenden Maximalkonzentrationen in der Umgebung von Straßenkreuzungen hängen stark von der Windrichtung ab. Im Referenzfall liegen die Werte der dimensionslosen Maximalkonzentration je nach Windrichtung zwischen 30 und 100. Fälle mit Spitzdächern führen bei den meisten Windrichtungen zu geringeren Maximalkonzentrationen, der Verlauf der Windrichtungsabhängigkeit bleibt aber ähnlich zum Referenzfall. Die Abschwächung liegt in der Größenordnung von 20%. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für einen Fall gefunden, bei welchem zwei der Gebäude um 2 cm erhöht wurden. Anders verhält es sich bei Fällen mit asymmetrischen Gebäudekonfigurationen, d.h. bei Fällen mit einer deutlichen Erhöhung eines Gebäudes. Sie führen zu signifikanten Konzentrationserhöhungen und einer Verschiebung der kritischen Windrichtungen. Bei ausgewählten Windrichtungen ergeben sich dadurch nahezu doppelt so hohe Maximalkonzentrationen wie im Referenzfall.

Abschließend wurden Strömungsfelder mit einer LDA - Anlage gemessen. Nach anfänglichen meßtechnischen Problemen, ist es gelungen, für drei Windrichtungen Datensätze über die mittleren und turbulenten Geschwindigkeiten im Kreuzungsbereich, aufzunehmen. Die Ergebnisse für die mittleren Windgeschwindigkeiten werden auszugsweise in Form von Pfeildiagrammen und Isoliniendarstellungen präsentiert. Sie verdeutlichen die komplexen, dreidimensionalen Strömungsvorgänge innerhalb urbaner Bebauungsstrukturen. Die Vorgänge im Kreuzungsbereich werden durch die Wirbelablösungen an den Gebäudekanten beeinflußt. In den Straßenschluchten zwischen den Gebäuden bilden sich je nach Windrichtung typische "Canyon - Vortex" - Systeme mit signifikanten Vertikalkomponenten aus.

Alle aufgenommenen Datensätze wurden dem Partnerprojekt unter der Leitung der TÜV Energie und Umwelt GmbH zur Verfügung gestellt und werden zum Vergleich mit Ergebnissen aus Berechnungen mit numerischen Ausbreitungsmodellen verwendet.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß es gelungen ist, eine umfangreiche Datenbasis über die Ausbreitungs - und Strömungsverhältnisse in Straßenschluchten und in der Umgebung von Straßenkreuzungen zu erzeugen, welche eine gute Grundlage für die Evaluierung und Verbesserung numerischer Ausbreitungsmodelle bildet. Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse über die Strömungs - und Transportvorgänge in bebauten Gebieten. Es wurde deutlich, daß lokale Veränderungen der Gebäudegeometrie zu signifikanten Veränderungen der Schadstoffbelastung führen können. Dabei wird nicht nur die bodennahe Verteilung der Schadstoffe beeinflußt, sondern auch der vertikale Austausch zwischen der Strömung innerhalb der Bebauung und der darüberliegenden, atmosphärischen Grenzschicht. Die Höhe der zu erwartenden Konzentrationsmaxima in einem Stadtgebiet, ist somit abhängig von den kleinskaligen Parametern der Bebauungsstruktur.