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Anbauempfehlungen für mit Thallium belastete Böden

Bild der Titelseite der Publikation: Anbauempfehlungen für mit Thallium belastete Böden

Schulz, R.; Kurz, H.; Römheld, V.

2002

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Beschreibung

Thallium (Tl) ist in der Medizin schon seit langem als toxisches Schwermetall bekannt. Seit Ende der siebziger Jahre gewann es als Umweltschadstoff zunehmend Bedeutung (Makridis, 1987). Die LD50 von Tl beträgt für Menschen 8-12 mg Tl kg-1 (Mulkey und Oehme, 1993). Tl kommt meist mit anderen Schwermetallen in sulfidischen Erzen und Gesteinen vor und verbleibt nach Abrösten dieser Materialien im Abbrand. Bis Ende der siebziger Jahre wurden Schwefelkiesabbrände in der Zementproduktion als Zuschlagstoffe zur Verbesserung der Abbindeeigenschaften des Zements eingesetzt (Hoffmann et al., 1982). In diesem Zusammenhang durchgeführte Untersuchungen von Böden und Pflanzen im Umfeld von anderen Zementwerken in Baden-Württemberg, ergaben insbesondere in Leimen erhöhte Tl-Gehalte in Boden- und Pflanzenproben. Aufgrund der räumlichen Verteilung auch entgegen der Hauptwindrichtung, konnte die Annahme einer alleinigen Verursachung durch das Zementwerk in Leimen nicht bestätigt werden. Vielmehr muss angenommen werden, dass die Kontamination in großem Maße durch den dort jahrhundertelang betriebenen, inzwischen eingestellten Erzbergbau und die Verfrachtung des dabei anfallenden Abraumes in die Umgebung entstanden ist (Hoffmann et al., 1982).

In der Folgezeit wurden weitere Untersuchungen zur Ökotoxikologie von Tl durchgeführt (Prinz et al., 1979; Crößmann, 1984; Scholl und Metzger, 1981; Hoffmann et al., 1982; Zartner-Nyilas et al., 1983, Kurz et al., 1997 a, Kurz et al., 1999). Im Boden wird Tl kaum verlagert und dadurch bei zunehmender Immission stark angereichert (Scholl und Metzger, 1981). Die Pflanzenverfügbarkeit von Tl im Boden wird nicht nur durch bodenphysikalische Parameter wie Tongehalt, pH-Wert, Kationenaustauschkapazität etc., sondern auch durch die Art der Kontaminationsquelle bzw. die chemische Form der Emissionen beeinflusst.

Bei gleichen Bodengehalten zeigen Pflanzen artspezifische Unterschiede in der Tl-Aufnahme. Während Wurzelgemüsearten wie z.B. Sellerie und Möhren keine nennenswerte Akkumulation im Vergleich zu den Bodengehalten aufweisen (Anke, 1989), reichern einige thallophile Pflanzenarten (z.B. Brassicaceen wie Grünraps und Grünkohl (Crößmann, 1984)) das Tl auf das Mehrfache der Bodengehalte in der Pflanze an. Bei Weißkohl kann dieser Transferfaktor (mg Tl kg-1 Pflanze ÷ mg Tl kg-1 Boden) bis zu 250, bei Kopfsalat bis zu 20 betragen. Insbesondere zeigen einige Vertreter der Familie der Brassicaceen eine sehr hohe Akkumulation von Tl auch bei vergleichsweise geringen pflanzenverfügbaren Bodengehalten.

Die Schwermetallgehalte in Pflanzen werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Dazu gehören vor allem die angebotene Stickstoffform, die Pufferkapazität der Böden, der Genotyp sowie die Fähigkeit von Pflanzen, den pH-Wert in der Rhizosphäre um mehr als zwei pH -Einheiten abzusenken (Marschner, 1995; Marschner und Römheld, 1996). Von großer Bedeutung sind auch Unterschiede in der Aufnahme und Verlagerung von der Wurzel in den Spross.

Da Tl im tierischen und menschlichen Organismus als Epithel- und Nervengift wirkt und Veränderungen der Haut, Haarausfall, sowie Schäden an Leber und Nieren und Veränderungen der Psyche nach sich zieht, wurden zum Schutz des Verbrauchers 1993 in Baden-Württemberg Anbauempfehlungen und -verbote für mit Tl belastete Flächen erlassen (3. VwV Schadstoffe). Diese Empfehlungen sind teilweise in die 1999 veröffentlichte Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) eingegangen.

Zusammenfassend können auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse folgende Empfehlungen für den Anbau von Nahrungs- und Futterpflanzen auf mit Tl belasteten Flächen gemacht werden:

1. Für die Nahrungspflanzen Grünkohl und Weißkohl ist der laut BBodSchV bestehende Prüfwert als zu hoch einzustufen. Zur Vermeidung von Schwermetalleinträgen in die Nahrungskette sollte der Anbau dieser Pflanzenarten auf Flächen mit einer Tl-Belastung von > 20 µg extrahierbarem Tl kg-1 Boden unterbleiben.

2. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, nach Untersuchung der sortenspezifischen Unterschiede in der Tl-Aufnahme, einzelne Sorten für den Anbau auf geringbelasteten Flächen freizugeben. Dies könnte z.B. durch Bewertung des Aufnahmeverhaltens für Tl und andere Schwermetalle durch das Bundessortenamt und anschließende Veröffentlichung in der Bundessortenliste erfolgen.

3. Für die übrigen in dieser Untersuchung angebauten Nahrungspflanzen sind die bestehenden Anbaubeschränkungen als ausreichend einzustufen bzw. könnten für die nicht zur Familie der Brassicaceen gehörende Pflanzenarten sogar angehoben werden.