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Identifizierung spezifischer DNA-Adduktmuster durch organische Verbindungen in der Außenluft: Biomarker für Luftschadstoffe

Bild der Titelseite der Publikation: Identifizierung spezifischer DNA-Adduktmuster durch organische Verbindungen in der Außenluft: Biomarker für Luftschadstoffe

Bieler, C. A.; Wießler, Manfred; Schmeiser, Heinz; Fried, M.; Erdinger, Lothar

1999

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Bereits seit 1942 ist aus Tierexperimenten (LEITER & SHEAR 1942) bekannt, dass Luftschadstoffe Krebsrisikofaktoren für die Öffentlichkeit darstellen, da organische Extrakte von Luftstäuben in der Lage waren, Tumoren in Mäusen zu erzeugen. Neben den bekannten carcinogenen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), wie B[a]P, wurden auch andere bis jetzt nicht identifizierte carcinogene Substanzen für die Krebsentstehung in den Versuchstieren verantwortlich gemacht.

Später erkannte man, daß organische Extrakte von Luftstäuben, die in den USA, Japan, Deutschland oder Skandinavien gesammelt wurden, genotoxische Substanzen enthielten, die eine mutagene Aktivität vom Rasterschub-Typ im Salmonella typhimurium Stamm TA 98 zeigten (FINLAYSON-PITTS & PITTS 1997). Bemerkenswert war, daß eine metabolische Aktivierung nicht erforderlich war und folglich nicht nur PAKs enthalten sein konnten. Die Identifizierung dieser partikel-gebundenen genotoxischen Schadstoffe ist nicht nur für eine Krebsrisiko-Abschätzung von Bedeutung, sondern ermöglicht es auch die Quellen bzw. die Entstehung dieser Luftschadstoffe aufzuklären und zu vermeiden. Insbesondere polyzyklische Nitroaromaten (Nitro-PAK) wurden in jüngster Zeit in Automobilabgasen, Diesel-Ruß und in Luftstäuben nachgewiesen. Diese werden zum Teil erst in der Atmosphäre unter Beteiligung von NOX, OH-Radikalen, Ozon und Licht gebildet und sind wie die Phenanthren- Reaktionsprodukte (ATKINSON & AREY 1994) oder vor allem die Nitrobenzanthrone (ENYA et al. 1997) ausgesprochen starke bakterielle Mutagene. Allerdings konnten wir durch bioassaydirected fractionation zeigen, daß die hauptsächliche bakterielle Mutagenität, die den in Baden-Württemberg gesammelten Luftstäuben innewohnt, nicht von Nitro-PAKs wie 1-Nitropyren, 6-Nitrobenzo[a]pyren oder den Nitrophenanthrenen stammt (ERDINGER et al. 1997). Gleiches gilt auch für die Extrakte der Standard-Stäube SRM 1649 und SRM 1648 aus amerikanischen Großstädten. Wie auch von GUNDEL et al. (1993) belegt, handelt es sich bei den Trägern der Hauptmutagenität um polare, komplexe PAK-Abkömmlinge mit sauren Eigenschaften. Diese polaren, mutagenen Verbindungen sind bis heute nicht identifiziert.

Die Mehrzahl der bekannten Carcinogene und Mutagene sind DNA-reaktive Stoffe, deren carcinogene bzw. mutagene Aktivität zumeist auf der Bildung von DNA-Addukten beruht. Daher war es das Ziel dieses Projektes, die erwiesene mutagene Wirkung der Extrakte von Luftstäuben sowie deren Fraktionen auf die Bildung von DNA-Addukten in vitro zu untersuchen und diese in vitro Genotoxizität mit der Mutagenität zu vergleichen. Die DNA-Adduktbildung wird mit dem empfindlichen 32P-postlabeling Verfahren analysiert, da sich dieses besonders zur Untersuchung von komplexen, genotoxischen Schadstoffgemischen, deren chemische Strukturen im voraus nicht bekannt sind, eignet. Durch Verwendung verschiedener Analysenbedingungen, wie Anreicherung durch n-Butanol-Extraktion oder Nuclease P1-Verdau, sowie verschiedene Chromatographie- Bedingungen ist man in der Lage, die nach 32P-postlabeling erhaltenen DNA-Addukte zu klassifizieren. Neben diesem diagnostischen Potential der Analysenmethode sollten durch unterschiedliche Aktivierungsmethoden, oxidativ bzw. reduktiv, weitere Hinweise auf die chemische Struktur der DNA-Addukte erhalten werden und somit die DNA-adduktierenden Verbindungen, welche an Luftstäube adsorbiert sind, identifiziert werden.

Anstatt der reinen in vitro Ansätze wurden auch DNA-Addukt-Analysen mit Säugerzellen (V79 Chinesische Hamsterzell-Linien), die humane Cytochrome P450 Enzyme definiert exprimieren, durchgeführt. Dadurch läßt sich der humane Metabolismus der Luftstaub-Extrakte simulieren, was eine toxikologische Risikobewertung erleichtert.

3-Nitrobenzanthron (3-NBA) wurde kürzlich als Luftschadstoff vor allem in Dieselabgasen und Luftstaubextrakten entdeckt (ENYA et al. 1997). Da sich diese Substanz als extrem starkes Mutagen im Ames Test erwies, haben wir 3-NBA in unsere Untersuchungen mit aufgenommen, auch vor dem Hintergrund, die Bedeutung dieses oxidierten Nitro-PAK als neue Leitsubstanz zur Risikobewertung von Schadstoffen in der Luft zu definieren.