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Neue umweltpolitische Instrumente im liberalisierten Strommarkt

Bild der Titelseite der Publikation: Neue umweltpolitische Instrumente im liberalisierten Strommarkt

Rentz, Otto; Wietschel, Martin; Dreher, M.; Bräuer, Wolfgang; Kühn, I.

2001

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Die vom Deutschen Bundestag mit dem Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts beschlossene Liberalisierung des bundesdeutschen Elektrizitätsmarktes, durch welche die Binnenmarktrichtlinie Strom der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt wird, hat entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der energiewirtschaftlichen Strukturen und somit auch auf die aus der Energienutzung resultierenden Umweltbelastungen. Aufgrund der durch die Liberalisierung entstandenen Wettbewerbssituation gewichten Versorgungsunternehmen ökonomische Unternehmensziele deutlich stärker als ökologischen Zielsetzungen, wie z. B. das Ziel einer Minderung der Emissionen der Stromproduktion. Gleichzeitig gibt es auf nationaler wie internationaler Ebene zahlreiche Anstrengungen zur Erreichung von Klimaschutzzielen. Im sogenannten Kyoto-Protokoll erfolgte 1997 auf Grundlage der Klimarahmenkonvention von Rio de Janeiro die Definition von Minderungsverpflichtungen für Treibhausgasemissionen auf der Ebene einzelner Staaten. Diese Verpflichtungen repräsentieren den Ausgangspunkt für die aktuellen und zukünftigen Anstrengungen zur Minderung von Treibhausgasemissionen wie z. B. des nationalen Klimaschutzprogramms der Bundesrepublik Deutschland oder der Klimaschutzaktivitäten der Europäischen Union.

Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist der Einsatz regenerativer Energieträger besonders erfolgversprechend, da diese mit Blick auf das wichtigste Treibhausgas CO2 während ihres Betriebs als emissionsfrei beziehungsweise emissionsneutral zu betrachten sind. Weitere Vorteile regenerativer Energieträger sind die verringerte Abhängigkeit von Energieimporten, die Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen sowie eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der anlagenbauenden Industrie. Allerdings sind die Energieumwandlungstechnologien für regenerative Energieträger heutzutage häufig nicht konkurrenzfähig zu etablierten Kraftwerkstechnologien auf Basis fossiler Energieträger und können daher unter den Wettbewerbsbedingungen des liberalisierten Strommarktes kaum Marktanteile gewinnen. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich ein Konflikt zwischen den ökonomisch orientierten Zielsetzungen der Versorgungswirtschaft und den ökologischen Zielen der Umweltund Klimapolitik ab. Zur Erreichung der Klimaschutzziele wird daher die Förderung regenerativer Energieträger in der Stromerzeugung durch umweltpolitische Instrumente diskutiert.

Die bisher eingesetzten Förderinstrumente müssen aufgrund der Liberalisierung neu überdacht und bewertet werden. Weiterhin erscheint auch die Einführung neuer umweltpolitischer Instrumente zur Förderung regenerativer Energieträger sinnvoll. Im liberalisierten Markt sind insbesondere solche Instrumente erfolgversprechend, die es den Energieversorgern ermöglichen, ihre wirtschaftlichen Interessen mit umweltpolitischen Zielen in Einklang zu bringen. Neben derartigen „unternehmensseitigen" Instrumenten ist auch der Einsatz von hoheitlichen Instrumenten durch den Gesetzgeber denkbar, wobei jedoch darauf zu achten ist, dass sich dadurch keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen den einzelnen Anbietern auf den Energiemärkten ergeben.

Mit dem Vorschlag einer Förderrichtlinie für regenerative Energieträger in der Stromproduktion [EC 2000] wurde auf europäischer Ebene ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Klimaschutzziele durch den Einsatz umweltpolitischer Instrumente gemacht. Allerdings ist die in diesem Zusammenhang sehr wichtige Frage nach der Ausgestaltung des Förderinstruments noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund des Umstandes, dass die Treibhausgasminderungsziele (z. B. des Kyoto-Protokolls) auf nationale Ziele heruntergebrochen werden, gibt es in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eine lebhafte Diskussion um die Ausgestaltung eines nationalen Förderinstruments. Dies hat dazu geführt, dass zahlreiche unterschiedliche Förderansätze beschlossen und teilweise bereits umgesetzt sind1. Trotz der nationalen Verpflichtungen zur Treibhausgasminderung hat die Frage nach dem Förderinstrument auch eine europäische Dimension, da die Grundsätze des Europäischen Vertrages (z. B. freier Warenverkehr, Verbot staatlicher Beihilfen, usw.) eine Harmonisierung der nationalen Förderinstrumente erforderlich machen. Aufgrund dieser Situation wird trotz der Implementierung von Fördermechanismen auf nationaler Ebene die Instrumentendiskussion auch weiterhin eine erhebliche Rolle spielen. Im Zuge dieser Diskussion werden Garantiepreisregelungen, Quotenmodelle sowie Ausschreibungsregelungen als besonders erfolgversprechend angesehen. Weiterhin kommt aufgrund seiner sehr zahlreichen Umsetzung und der Befürwortung durch die Energiewirtschaft auch dem freiwilligen Instrument Grüner Angebote eine besondere Rolle in der Diskussion zu.

Für eine Region wie Baden-Württemberg, die vorhandene Potentiale regenerativer Energieträger bereits stark nutzt und die nur in eingeschränktem Umfang konkurrenzfähige Potentiale besitzt, ist die Diskussion um das Förderinstrument von besonderer Relevanz, weil sich aufgrund der beschränkten Potentiale aus einer weiteren Förderung regenerativer Energieträger Wettbewerbsnachteile ergeben können. Weiterhin ist im Rahmen einer Planung der zukünftigen Energiesystementwicklung auch der geplante Kernenergieausstieg zu berücksichtigen, der in Baden-Württemberg aufgrund des im Bundesdurchschnitt vergleichsweise hohen Anteils an Kernkraftwerken besondere Relevanz besitzt. Falls in diesem Zusammenhang fossile Kraftwerke als Ersatzanlagen errichtet werden, ist eine deutliche Emissionszunahme zu erwarten, was den Klima- und Umweltschutzzielen zuwider läuft.