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Latentwärmespeicher in netzreaktiven Gebäuden

Bild der Titelseite der Publikation: Latentwärmespeicher in netzreaktiven Gebäuden

Steinle, Christian Peter; Ege, Klaus; Gschwander, Stefan; Krieger, Volker; Klein, Konstantin; Wahl, Alexander

2017

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Die Liegenschaft der Dekra in Stuttgart Vaihingen umfasste in 2013 3 Gebäude (Q1, Q2, Q3) mit einer Bürofläche von etwa 51.000 m². Die Versorgung der Liegenschaft wird über ein KWKK-System gewährleistet. Neben der Beheizung der Gebäude über BHKWs, Gas- und Ölkessel in der Winterperiode wird die Liegenschaft im Sommer mit Hilfe einer Absorptionskälteanlage sowie einer Kompressionskältemaschine gekühlt. Die BHKWs werden Stromgeführt, mit dem Ziel den elektrischen Energiebedarf der Liegenschaft zu decken und eine Einspeisung in das Stromnetz zu vermeiden. Von 2013 bis 2016 wurden die Gebäude Q2 und Q3 saniert und ein weiteres neues Gebäude Q4 erstellt. Im Zuge dieser Sanierung wurde auch das Forschungsprojekt LaNeGe mit dem Ziel durchgeführt, das Versorgungssystem durch einen thermischen bzw. Latentwärmespeicher so zu flexibilisieren, dass mit dem System ein netzdienlicher Betrieb möglich wird.

Zu Beginn des Forschungsprojektes wurden eine ausführliche Bestandsaufnahme, sowie eine detailliertes Monitoring des Versorgungssystems durchgeführt. Das Ergebnis zeigt ein hohes Optimierungspotenzial des Systems sowohl auf der hydraulischen- als auch auf der Steuerungs- und Regelungsebene. Hinsichtlich einer Integration eines thermischen Speichers wirken sich diese Mängel besonders durch die Instabilität des Temperaturniveaus im Kältenetz als auch durch dessen undefinierten Temperaturdifferenz zwischen Vor und Rücklauf aus. Die Bestandsaufnahme zeigte auch, dass in der Liegenschaft ein vergleichsweise kleiner Raum von etwa 40 m³ zur Integration eines thermischen Speichers zur Verfügung steht.

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde das Versorgungsystem vollständig modelliert und in einem Simulationswerkzeug abgebildet. Simulationsstudien, die von der EnBW im Auftrag des Partners Fact und vom Fraunhofer ISE durchgeführt wurden ergaben, dass sowohl zur Verfügung stellen von Regelenergie als auch eine Teilnahme am Strommarkt (EEX) durch Einspeisung bzw. Strombezug in das / vom Stromnetz nicht wirtschaftlich für die Dekra darstellbar ist. Die Simulationsstudie zeigt, dass eine Optimierung des Eigenstromverbrauchs und damit eine Reduzierung der Netzlast durch die Dekra-Liegenschaft mit Hilfe eines thermischen Speichers derzeit den wirtschaftlichsten Effekt für die Dekra aufweist. So lässt sich durch eine Optimierung des Eigenstromverbrauches mit Hilfe des thermischen Speichers Betriebskosten von etwa 20 % einsparen. Das Potential bei der Minutenregelleistung liegt mit Speicher bei etwa 4600 ? im Jahr. Ohne Speicher wären hier Einnahmen von etwa 1000 ? im Jahr möglich.

Die Marktanalyse zu den Latentwärmespeichern ergab, dass derzeit nur sehr wenige Systeme auf dem Markt verfügbar sind, die eine Speicherung im Temperaturbereich zwischen 12 und 18 °C erlauben. Auf Basis der Datenblätter konnte in 2014 nur ein Hersteller die Mindestanforderung an Speicherdichte, Stabilität und Leistung sowie den Einsatz in Kaltwassersystemen erfüllen. Die Daten zeigen, dass sich mit dem ausgewählten Latentspeichermaterial theoretisch eine Speicherdichte realisieren lässt, die um den Faktor 4 höher liegt als die eines gleichgroßen Wasserspeichers, der bei einer Temperaturdifferenz von 6 K betrieben wird. Jedoch zeigten Messungen im Labor, dass die abrufbare Leistung den Einsatz des Latentwärmespeichers besonders beim Beladen (Kristallisieren des PCM) sehr stark einschränkt.

Aufgrund der Messungen des Speichersystems im Labor wurde bei der Dekra eine Kombination aus Latentwärmespeicher und Wasserspeicher realisiert. Hierbei wurde ein 16 m³ Latentwärmespeicher parallel zu einem gleichgroßen Wasserspeicher aufgebaut. Die vergleichende Charakterisierung dieser beiden Speicher zeigt, dass der Latentwärmespeicher etwa 50 bis 80% der maximalen Beladeleistung des Wasserspeichers erreicht. Jedoch ist aufgrund des Kristallisationsverhaltens des PCM die Kühltemperatur von 12 °C auf 7 °C zu verringern. Im Realbetrieb wurde mit dem Latentwärmespeicher eine Kapazität von 460 kWh erreicht, dies setzt aber vergleichsweise lange Entlade- bzw. Beladezeiten voraus. Bei einer Entladezeit von 10 h und einer Temperaturspreizung von 10 bis 20 °C sind etwa 300 kWh nutzbar. Beim Entladen unter Teillast wird auf der Lastseite des Kältenetzes eine Temperaturerhöhung von 2 K statt 6 K erreicht. Unter diesen Bedingungen ist aus dem Latentwärmespeicher eine höhere Leistung abrufbar als aus dem Wasserspeicher. Das im Projekt entwickelte hybride Speicherkonzept aus Latentwärmespeicher, parallelem Wasserspeicher und Sprinklertank erlaubt eine sehr flexible Anpassung der Leistung des Speichersystems an den momentanen Bedarf. Besonders im Teillastbetrieb kann das Speichersystem als zuschaltbare Last bzw. Kältequelle genutzt werden und erlaubt so ein flexibles Zu- oder Wegschalten der Kälteerzeuger bzw. BHKWs und erlaubt so die Betriebsführung des Systems zur Optimierung der Eigenstromnutzung anzupassen.