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Untersuchungen zur genotoxischen Wirkung von oxidativem Stress

Bild der Titelseite der Publikation: Untersuchungen zur genotoxischen Wirkung von oxidativem Stress

Speit, Günter; Dennog, C.

2000

Projektbericht - Abschlussbericht

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Beschreibung

Das verstärkte Auftreten von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) kann zu oxidativem Streß im Organismus führen. Oxidativer Streß wird als ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung von Krebs und anderen Krankheiten diskutiert. ROS entstehen durch physiologische Prozesse aber auch durch Xenobiotika und Umweltschadstoffe. Auch im Verlauf einer Behandlung mit hyperbarem Sauerstoff (HBO) entstehen ROS. Eine HBO beinhaltet das Atmen von reinem Sauerstoff bei 1,5 bar Überdruck für 60 Minuten und findet in der Klinik breite Anwendung. Für diese Arbeit hat sich die HBO als sehr geeignetes Modell erwiesen, um biologische Konsequenzen von oxidativem Streß am Menschen zu untersuchen.

Direkt nach einer HBO wurden auf Einzelzellebene Strangbrüche, alkalilabile Stellen und oxidativ modifizierte Basen in den Leukozyten von gesunden Probanden mit dem Comet Assay nachgewiesen. Unter Verwendung spezifischer Reparaturenzyme im Comet Assay erfolgte der Nachweis von oxidativ veränderte Basen nach HBO. Diese Enzyme erkennen neben anderen Basenmodifikationen 8-Oxo-Guanin, eine Läsion, die zu GC ® TA Transversionen führt. Die direkte Bestimmung von 8-Oxo-Guanin mittels HPLC-Analyse zeigte jedoch keinen erhöhten Gehalt dieser oxidierten Base in Lymphozyten nach HBO, was für eine höhere Sensitivität des Comet Assays spricht. Eine HBO-Behandlung führte nicht zur Induktion von Chromosomenmutationen im Mikronukleustest und auch nicht zu einer Erhöhung der HPRT-Genmutationen im T-Zellenklonierungstest. Für die durch HBO induzierten DNA-Schäden wurde eine schnelle Reparatur nachgewiesen und es kann daher vermutet werden, daß die genotoxischen Effekte nach einer HBO unter therapeutischen Bedingungen repariert werden, bevor sie sich als Mutationen manifestieren.

Folgte für die Probanden einen Tag nach der ersten eine weitere HBO, so wurde kein genotoxischer Effekt nach der zweiten HBO gemessen, was auf eine effektive Adaptation antioxidativer Schutzmechanismen hinweist. Durch in vitro Experimente mit dem Blut von Probanden vor und nach HBO konnte gezeigt werden, daß der induzierte adaptive Schutz im Blut die genotoxische Wirkung von Wasserstoffperoxid verhindert, nicht aber vor genotoxischen Effekten durch g -Bestrahlung schützt. Der adaptive antioxidative Schutz gegenüber H2O2 hielt mindestens sieben Tage an und war in isolierten Lymphozyten nachweisbar. Die Messungen der Vitamine A,C,E im Plasma sowie der antioxidativen Enzyme Superoxiddismutase, Katalase und Glutathionperoxidase in der Blutzellfraktion zeigten keine Veränderungen nach einer HBO. Auch der Glutathionspiegel im Plasma und in den Lymphozyten blieb unverändert. Die Supplementationen von Probanden mit Vitamin E und N-Acetyl-cystein vor HBO hatte keinen protektiven Effekt gegenüber HBO-induzierten DNA-Schäden. Einen Tag nach HBO wurde eine deutliche Induktion des Hitzeschock-proteins HSP70 nachgewiesen. Auch der Bilirubingehalt in den Blutzellen der Probanden war einen Tag nach HBO leicht erhöht. Bilirubin entsteht als Produkt bei dem Abbau des Häms durch die Hämoxygenase und besitzt antioxidative Eigen-schaften. In dieser Arbeit konnte als Antwort auf oxidativen Streß durch HBO erstmals in den Lymphozyten des Menschen ein erhöhter Gehalt an Hämoxygenase 1 (HO1) einen Tag nach HBO nachgewiesen werden. Auch auf RNA-Ebene wurden Hinweise auf eine erhöhte HO-1-Expression bereits wenige Stunden nach HBO gefunden. Weiterhin wurden Hinweise auf eine erhöhte Expression des Gens für die leichte Kette vom Ferritin nach HBO erhalten. Eine erhöhte Ferritinsynthese erfolgt durch Bindung des beim Abbau vom Häm freigesetzten Eisens an ein Repressorprotein und ermöglicht so die Translation der Ferritin-mRNA. Das Ferritin als eisenbindendes Protein kann vor oxidativem Streß schützen, indem es das für die Fentonreaktion notwendige Eisen redoxinaktiv bindet. Durch das Abfangen von Eisen ließen sich auch die unterschiedlichen Befunde für H2O2 und g -Bestrahlung erklären. Weiterführende Arbeiten werden zeigen, ob der hier vorgeschlagene Mechanismus die physiologische Grundlage für die in dieser Arbeit erstmalig im Menschen gefundene Adaptation gegenüber oxidativem Streß ist.

Die Daten haben darüber hinaus praktische Bedeutung für die Beurteilung des mutagenen und kanzerogenen Potentials von oxidativem Stress. Standardprüfungen nach einmaliger hoher Exposition, die die Reparatur- und Adaptationsprozesse nicht adäquat berücksichtigen, führen möglicherweise zu einer Überbewertung des Gefährdungspotentials.